Die deutschsprachigen Teilnehmer der Bischofssynode über Ehe und Familie haben eine stärkere Würdigung des konkreten Einzelfalls im kirchlichen Umgang mit gescheiterten Ehen gefordert.

Die konkreten Situationen dürfen nicht unter ein „allgemeines Prinzip subsumiert“ werden, heißt es in einer am 14. Oktober veröffentlichten Stellungnahme der deutschsprachigen Arbeitsgruppe der Synode. Zugleich spricht sich die Arbeitsgruppe für eine positivere kirchliche Bewertung vorehelicher Beziehungen aus. Die Seelsorge müsse den Menschen „auf ihrem Weg hin zur sakramentalen Ehe Zeit der Reifung gewähren und nicht nach dem Prinzip ‘Alles oder Nichts’ handeln“. Barmherzigkeit und Gerechtigkeit seien keine Gegensätze. Beide Grundprinzipien müssten mit „Klugheit und Weisheit“ auf die „jeweilige, oft komplexe Situation“ angewendet werden. Nötig sei eine „personal ausgerichtete Seelsorge, die die Normativität der Lehre und die Personalität des Menschen in gleicher Weise einbezieht“. Sie müsse das Gewissen des Einzelnen berücksichtigen und dessen Verantwortung stärken. Die Kirche stehe hierbei in dem Spannungsfeld zwischen einer „notwendigen Klarheit der Lehre von Ehe und Familie“ und der „konkreten pastoralen Aufgabe“ andererseits, auch jene Menschen zu begleiten und zu überzeugen, „die in ihrer Lebensführung nur teilweise mit den Grundsätzen der Kirche übereinstimmen“. Die deutschsprachigen Teilnehmer plädieren für eine „stufenweise Hinführung“ zum Sakrament der Ehe. Diese müsse von unverbindlichen Beziehungen über unverheiratet zusammenlebende Paare und nur standesamtlich verheirateten Paaren bis hin zur kirchlich gültigen und sakramentalen Ehe reichen. Die Arbeitsgruppe kritisiert, dass die geschichtliche Entwicklung der Ehelehre heute oft „zu statisch“ und „zu wenig biographisch-geschichtlich“ gedacht werde. Die seelsorgerischen Bemühungen der Kirche müssten noch intensiver sein um alle Familien, vor allem jene, die sich in einer schwierigen oder irregulären Situation befänden. Dabei bezieht sich die Arbeitsgruppe ausdrücklich auf Papst Johannes Paul II. (1978-2005). Dieser Gruppe gehören insgesamt 14 Kardinäle und Bischöfe aus neun Nationen an, darunter der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der emeritierte wie der amtierende Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, Walter Kasper und Kurt Koch, sowie die Kardinäle aus Wien und München, Christoph Schönborn und Reinhard Marx. Ebenfalls auf Deutsch diskutiert der melkitische Patriarch Gregoire III. Laham aus dem Nahen Osten mit. Weitere Mitglieder sind Bischöfe aus Serbien, Finnland, Kroatien, Ungarn und der Slowakei. (http://www.kathpress.at v 14. 10; www.kath.ch vom 14. 10.; JA v. 18. 10.)