Hoffnungszeichen August 2025 - Innerkirchliche Reformansätze

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Ein Theologe fordert die deutschen Bischöfe zur Weihe verheirateter Männer auf. Im kirchlichen Internetportal „Kirche und Leben“ schreibt der Theologe Ulrich Lüke, emeritierter Professor für Systematische Theologie und Direktor des Instituts für Katholische Theologie an der Technischen Hochschule Aachen: „Was wäre, wenn zehn deutsche Bischöfe in ihrer Hirten-Sorge-Pflicht um die Eucharistie am Fest Peter und Paul des Jahres 2027 je fünf verheiratete, theologisch gut ausgebildete Männer zu Priestern weihen würden?“ Das würde bedeuten, dass die 50 verheirateten Priester dann „gültig, aber nicht erlaubt“ geweiht wären. Er bezweifelt, dass Rom die zehn Bischöfe und die 50 verheirateten Priester ihrer Ämter entheben würde. „Diese Kirche blockiert sich selbst, wenn sie nicht den Mut zu unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten hat“. Die Weihe von verheirateten Männern sieht Lüke als eine Chance, um auf „Eucharistiefreie Zonen“ zu reagieren. Denn die sinkende Priesterzahl gefährde die Seelsorge aktuell akut. Als weitere zu lösende Themen auf der kirchlichen Agenda sieht der Theologe den Diakonat und die Weihe der Frau. Mut sei eine unabdingbare Fähigkeit von Schafhirten zum Schutz ihrer Herden. Mut – auch gegenüber Rom – wäre laut Lüke ein Kriterium zur Auswahl neuer Bischöfe. (kath.ch v. 5. 8.)

Der ehemalige Abt von Einsiedeln hat sich für die Ernennung einer ersten Kardinälin ausgesprochen. Martin Werlen im Interview: „Ich habe bei der Podiumsdiskussion bei den Salzburger Hochschulwochen zum Thema ‚Eine Kirche, die mehr leben lässt?!‘, in der es auch um die Frauenfrage ging, vom Traum erzählt, dass bei der nächsten Kardinalsernennung auch Schwester Simona Brambilla dabei ist. Üblicherweise werden die Vorsteher der Dikasterien, also die Präfekten, zu Kardinälen ernannt. Zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche steht nun eine Frau einem Dikasterium vor, also eine Präfektin. So wäre es folgerichtig, dass sie zur Kardinälin ernannt wird. […] Die historische Bedeutung dieser Ernennung durch Papst Franziskus wurde meines Erachtens zu wenig wahrgenommen. Das war ein Meilenstein. Dazu möchte ich auch noch Schwester Raffaella Petrini anfügen, die seit dem 1. März 2025 Regierungschefin der Vatikanstadt ist. […] Die Ernennung einer Kardinälin ist meines Erachtens der wichtigere Schritt, um eine Kultur zu verändern. Sie gehört zum engsten Beratungskreis des Papstes, der auch den nächsten Papst wählen wird. […] Vor dem Kirchenrecht von 1917 konnten auch Nicht-Priester zu Kardinälen ernannt werden. Theodulf Mertel (1806-1899) war der letzte Kardinal, der nicht Priester war. […] Er nahm auch am Konklave teil, an dem Leo XIII. gewählt wurde. Es gibt heute mehrere Kardinäle, die nicht Bischöfe sind. Das alles kennt auch Leo XIV. So könnten bei der nächsten Kardinalernennung gleich zwei Frauen auf der Liste stehen: Simona Brambilla und Raffaella Petrini. Ich würde mich sehr freuen. Dazu gehört auch Paolo Ruffini, der erste Präfekt des Dikasteriums für die Kommunikation, der kein Priester ist. Das wäre ein starkes Zeichen ….“ Werlen ist aktuell Leiter der Propstei St. Gerold in Vorarlberg. (kath.ch v. 8. 8.

Die Reformbewegung „Wir sind Kirche" nimmt erstmals offiziell an einer Vatikan-Veranstaltung teil. In ihrer Mitteilung heißt es: „An dem Treffen ‚Synodaler Teams und partizipativer Gremien der Weltsynode' vom 24. bis 26. Oktober 2025 im Rahmen des Heiligen Jahres im Vatikan werden auf Einladung von Kardinal Mario Grech, dem Sekretär der Weltsynode, auch acht Delegierte von „Wir sind Kirche International‘ teilnehmen - ein Novum". Die Teilnahme bezieht sich auf eines der thematischen Events im Rahmen des Heiligen Jahres 2025 zum Thema Synodalität. Auch eine Audienz mit Papst Leo XIV. ist geplant. „Wir sind Kirche" ist eine Vereinigung, die auf Reformen in der römisch-katholischen Kirche drängt. Auf internationaler Ebene besteht sie seit 1996. In mittlerweile rund 30 Ländern engagiert sie sich für mehr Gleichberechtigung, für freiwilligen Zölibat, eine neue Sexualmoral und eine stärkere Beteiligung von Laien in der Kirche. (domradio.de v.12. 8.)

Viele Luzerner christliche Kirchen engagieren sich für eine queer-freundliche Seelsorge. Die Kirchen sind an der Pride der Zentralschweiz in Luzern präsent. Eine zentrale Rolle spielt dabei die römisch-katholischen Peterskapelle in Luzern. Der Leiter der Peterskapelle, der Theologe Meinrad Furrer, selbst ein queerer Mensch, investiert hier mit seinem Team viel Herzblut. Er hat sich gleich nach seinem Wechsel von Zürich nach Luzern für die kirchliche Beteiligung eingesetzt und gleich die anderen Landeskirchen mit ins Boot geholt: Die evangelisch-reformierte und die christkatholische Kirche. Im Pride-Programm treten erstmals drei Prediger:innen und drei Poet:innen auf, wie der Meinrad Furrer auf Anfrage schreibt. Der sogenannte „Pride Slam“ findet zwei Tage vor der Pride statt. Dessen Team setze sich auch mit anderen Veranstaltungen für Inklusion und Diversität ein, so Furrer. In der Woche vor der Pride bereitet die Peterskapelle auch mit spirituellen Mittagsimpulsen auf den Anlass vor. Auf der Pride ist das ökumenische Team der Peterskapelle mit einem Stand präsent. Ab 20 Uhr beteiligt man sich an der „NightPride“, einer bunten, musikalisch umrahmten Demonstration durch die Stadt. Sie tragen dabei ein Banner mit der Aufschrift „Gott liebt vielfältig. Wir auch.“ Das sei „ein öffentliches Bekenntnis zu einer inklusiven Kirche, die für Menschenrechte, Liebe und Freiheit einsteht“, heisst es auf der Churchpride-Webseite. Tags darauf findet in der Peterskapelle ein Ökumenischer Gottesdienst statt mit dem klingenden Titel „Celebration of Pride“. Im Zentrum des Gottesdienstes stehen drei Kurzpredigten zu Texten aus der sogenannten „Queerbibel“: Barbara Steiner (reformiert), Rinaldo Keiser (christkatholisch) und Meinrad Furrer (römisch-katholisch). Viele römisch-katholische Kirchen von Stadt und Kanton Luzern engagieren sich personell und finanziell an dieser Pride der Zentralschweiz, informiert Nana Amstad-Paul auf Anfrage. Sie ist Synodalrätin der römisch-katholischen Landeskirche Luzern und dabei zuständig für Pastoral und Ökumene. (kath.ch v. 15. 8.)

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken verlangt Kirchen-Reformen. Etwa 100 Tage nach der Wahl von Papst Leo XIV. dringt die Präsidentin des ZdK, Irme Stetter-Karp, auf Reformen. „Wir erwarten innerkirchlich ein straffes Tempo bezüglich des Abbaus von Klerikalismus und ein Ende der Diskriminierung von Frauen bei den Weiheämtern", sagte Stetter-Karp im Interview mit domradio.de. Sie erwarte Beteiligung, also Synodalität, als „Anforderungsprofil" an Bischöfe, insbesondere an Bischöfe, die neu ins Amt kämen. „Ich sehe Anzeichen für Leos Reformwillen. Inwieweit die Anzeichen tragen werden und zu strukturellen Schritten führen, kann ich noch nicht sagen." (kna u. kap u. vn v. 17. 8.)

Die erste Laiensynode in Indien wünscht sich mehr Repräsentanz. „Almaya Munnettam“, eine Laienorganisation innerhalb der Erzdiözese Ernakulam-Angamaly in Indien hat eine erste Laiensynode organisiert. Bei der Veranstaltung in Kaloor kamen über 300 Delegierte zusammen und arbeiteten an Wegen größerer Repräsentanz und Integration von Laien in der Kirchenstruktur, berichtet Vatican News. So fordert die Synode einen Anteil von 50 Prozent Laien in jedem Entscheidungsorgan der Kirche. Davon sollten jeweils bis zu 40 Prozent Frauen sein. Die Ernennung soll dabei per Wahl und nicht durch Nominierung eines Bischofs erfolgen. Außerdem wünschte sich die Bewegung die Gründung einer Kirchen-Synode innerhalb der Syro-Malabrischen Kirche. In ihr sollten Laien, Priester und weitere Verantwortungsträger zusammenkommen. Damit verbunden sollten dann auch auf diözesaner Ebene Synoden eingerichtet werden, um die Verantwortung zu dezentralisieren. Bisher gibt es nur eine Bischofssynode in der Syro-Malabrischen Kirche, die für alle Entscheidungen verantwortlich ist. Schließlich ernannte die Synode ein Komitee von 16 Laienmitgliedern für die Durchführung einer umfassenden Studie bis zur nächsten Synode, um herauszufinden, welche strukturellen Veränderungen für ein besseres Funktionieren der Kirche notwendig sind. Die Ergebnisse würden, laut Riju Kanjookaran, dem Sprecher der Bewegung, in der nächsten Zeit den Bischöfen übergeben. Anfangs sei es unter einigen Menschen zu Verwirrungen gekommen, die Laien-Synode sei eine rebellische Synode, die sich gegen die Bischofssynode richte, erzählt Kanjookaran, was jedoch nicht zutreffe. „Eine solche Wahrnehmung ist falsch. Die Laien-Synode wurde auf Grundlage des vatikanischen Dokuments zur elt-Bischofssynode 2024 über die Synodalität abgehalten, um die Vision des verstorbenen Papstes Franziskus zu verwirklichen", stellte er klar. (vn v. 22. 8. u. www.p-udo-ja v. 24. 8.)

Theologinnen fordern in einem Treffen, die Kirche soll Entscheidungsgremien für Laien öffnen. Noch immer sind die Ergebnisse der Welt-Bischofssynode 2024 kaum an der Pfarrei-Basis angekommen. Deshalb berichtete die Gastreferentin Helena Jeppesen-Spuhler von ihren Eindrücken bei der Synode und diskutierte mit den Teilnehmerinnen des Begegnungstages in Altendorf in der Schweiz die drängende Frage: „Und jetzt? Wie weiter?“. Zum Treffen eingeladen hatten Brigitte Fischer Züger und Flurina Cavegn-Tomaschett, beide Mitglied der Bistumsleitung. Besonders eindrücklich war die eröffnende gemeinsame Bussfeier, in der ein Kardinal auch öffentlich um Vergebung bat für das Unrecht an Frauen in der Kirche. Das machte den Weg frei, im Hier und Jetzt Ausschau nach einem gemeinsamen Weg zu halten. „Auch der Abschlussbericht kann sich sehen lassen.“ Atmosphärisch sehr dicht sei der Moment gewesen, als es um die gleiche Würde von Frauen in kirchlichen Ämtern ging – in der Aula sei es still geworden, die Geistkraft spürbar. Brigida Arndgen, pastorale Mitarbeiterin der Schweizer Pfarrei Pfäffikon, zeigte sich nachdenklich: „Es ist sehr beeindruckend, was alles in Rom passiert ist; was diejenigen, die dort waren, an Veränderungen beobachten konnten. Doch ich frage mich: Kommt das in unseren Pfarreien an?“ Esther Menge-Meier, Theologin aus Chur, hörte eine weltweite Dimension heraus: „Frauen haben in der ganzen Welt ähnliche Probleme. In der Schweiz haben wir aber häufig das Gefühl, wir sind ein Sonderfall, bei uns wollen Frauen einfach zu viel. Aber letztlich ist in der ganzen Welt die Problematik der Nicht-Gleichstellung von Frauen in der Kirche ein Thema.“ Im Verlauf des Treffens wurde deutlich, wie sehr die Frauen auch mit konkreten Fragen ringen: Wer begleitet etwa Berufseinsteigerinnen, wenn es um Frauenthemen oder auch um schwierige Erfahrungen mit Denunziantentum geht? Gibt es echte Rückendeckung von kirchlichen Vorgesetzten? Und wie lassen sich Kleriker für synodales Zusammenarbeiten ausbilden? Der synodale Prozess gilt für Jeppesen-Spuhler als unumkehrbar. Es sei wichtig, dass „die Kirche ihre Entscheidungsgremien öffnet“. Konkret gemeint ist dabei auch die Schweizer Bischofskonferenz, wo längstens geeignete Beraterinnen teilnehmen könnten. In der Schweiz gibt es seit knapp einem Jahr eine Synodalitätskommission, die im Auftrag der Bischofskonferenz und der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz die Beschlüsse der Weltsynode aufarbeiten soll. (kath.ch v. 26. 8.)

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken erhöht den Reform-Druck auf die Bischöfe. ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp wirft den deutschen Bischöfen mangelnde Reformbereitschaft vor. Vor der sechsten und letzten Synodalversammlung Ende Januar 2026 will sie Taten sehen. „Ich finde es sehr ernüchternd, wie manche deutschen Bischöfe sich zurzeit verhalten", sagte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger". Beim 2019 begonnenen deutschen Reformprojekt „Synodaler Weg“ seien mit großer Mehrheit Beschlüsse gefasst worden, die längst umgesetzt sein könnten. Als Beispiel nannte sie den Umgang mit einer Handreichung zu Segensfeiern für homosexuelle Paare: „Trotz eines klaren Beschlusses der Bischöfe auf dem Synodalen Weg wird die Handreichung nur in etwa der Hälfte der 27 Bistümer angewandt. Die anderen Bischöfe lehnen sie ab oder drehen eine Beratungsschleife nach der anderen - immer mit Schielauge nach Rom." Mehreren Bischöfen warf Stetter-Karp überdies vor, zuletzt bei Beratungen „durch Abwesenheit geglänzt" zu haben. „Das ist ein Ärgernis", betonte die ZdK-Präsidentin. Sie wolle keine Namen nennen. „Aber die Betreffenden sollen wissen: Wir haben das auf dem Schirm.“ Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist das höchste repräsentative Gremium des deutschen Laien-Katholizismus. (domradio.de v. 29.8.)