Hoffnungszeichen März 2025 - Innerkirchliche Reformansätze

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Der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) unterstützt den weltweiten Streik von Frauen in der Kirche. „Der SKF begrüsst das globale Bekenntnis für Gleichberechtigung und den Wunsch nach einem demonstrativen ‹Nein› zu den frauenfeindlichen Systemen der katholischen Kirche weltweit“, schreibt der SKF in einer Mitteilung. Alle Frauen sollen für die Dauer der Fastenzeit 2025 der Kirche ihre Zeit, Arbeit und Ressourcen vorenthalten. Ziel sei es, alle Hindernisse für den Dienst und die Leitung einschliesslich der Priesterweihe für Menschen aller Geschlechter zu beseitigen. Die US-Organisation „Women’s Ordination Conference“ (WOC) will mit dem Streik erreichen, dass Menschen aller Geschlechter in der Kirchenleitung tätig sein und die Priesterweihe empfangen können. Der SKF sehe darin „eine kraftvolle und sichtbare Möglichkeit, die drängenden Probleme der Diskriminierung und Ungleichbehandlung von Frauen in der katholischen Kirche aufs Tapet zu bringen“. Die WOC setzt sich seit ihrer Gründung 1975 für die Ordination von Frauen in der römisch-katholischen Kirche ein. Der Ausschuss Catholic Women’s Council (CWC) hat sich dem Streik angeschlossen und lädt alle am internationalen Netzwerk beteiligten Organisationen dazu ein, mitzuwirken. (kath.ch v. 1. 3.)

Über 50 Prozent der Theologie-Studierenden in Deutschland sind Frauen. Von den ca. 8.700 römisch-katholische Theologie-Studierenden waren im vergangenen Wintersemester 60 Prozent Frauen. Für Islamische Studien oder Theologie mit gut 1.000 Studierenden zählt das Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh (CHE) einen Frauenanteil von 55 Prozent. Den höchsten Anteil von Frauen gibt es unter Studierenden der evangelischen Theologie. (domradio.de v. 6. 3.)

Die Katholische Aktion Österreichs fordert ein Plenarkonzil zu Kirchenreformen. Einen entsprechenden Vorschlag habe man an die Österreichische Bischofskonferenz übermittelt, teilte die KAÖ mit. Eine synodale Versammlung der Bischöfe, Priester und Laien Österreichs wäre ein „wichtiges Signal eines gemeinsamen Aufbruchs der Kirche in Österreich", hieß es in der Aussendung. Zwar gebe es in den einzelnen Diözesen Reformprozesse unterschiedlicher Ausprägung, der von Papst Franziskus auf weltkirchlicher Ebene durchgeführte synodale Prozess eröffne aber neue wichtige Möglichkeiten auch auf nationaler Ebene, zeigten sich KAÖ-Präsident Ferdinand Kaineder überzeugt. Das am 26. Oktober 2024 verabschiedete Schlussdokument der weltkirchlichen Versammlung in Rom, das der Papst eins zu eins ins Lehramt übernommen hat, empfehle ausdrücklich synodale Versammlungen auf regionaler oder nationaler Ebene. Solche Versammlungen sollten „Räume des Zuhörens und des Dialogs mit anderen Christen und Vertretern anderer Religionen, öffentlichen Einrichtungen, Organisationen der Zivilgesellschaft und der Gesellschaft insgesamt einschließen". Ein österreichisches Plenarkonzil wäre ein wichtiger Schritt hin zu mehr Miteinander, Mitverantwortung und gegenseitiger Rechenschaftspflicht: „Synodalität heißt gemeinsames Unterwegssein, gegenseitiges Zuhören und Vertrauen, Dialog und gemeinschaftliche Entscheidungsfindung; und am Ende braucht es Entscheidungen mit hohem Verbindlichkeitscharakter.[…] Wir müssen in der Kirche in Österreich Wege und Abläufe etablieren, die genau dieses schaffen: gemeinschaftliche Entscheidungsfindung und gegenseitige Rechenschaft. Nur so kann auf Dauer das Vertrauen wachsen und erhalten bleiben. […] Wir appellieren daher eindringlich an unsere Bischöfe, die vielen Chancen, die ein österreichisches Plenarkonzil bietet, zu ergreifen, einen entsprechenden Beschluss zu fassen und die entsprechenden Ressourcen für die zeitnahe konkrete Umsetzung zur Verfügung stellen." (kap v. 11. 3.)

Ein Theologieprofessor fordert Änderungen beim Kirchenrecht. Aus dem Interview mit Prof. Dr. Thomas Söding (Professor für Neutestamentliche Exegese an der Universität Bochum): „Die Nachricht [von einer geplanten Kirchenversammlung 2028 zur Reformen P. W.] hat mich aus drei Gründen sehr erfreut. Erstens: Papst Franziskus bestellt sein Feld, das heißt, er sorgt dafür, dass Synodalität auch in Zukunft ein wichtiges Thema bleibt. Zweitens: Es wird genau die Perspektive der Weltsynode weitergeführt. Und drittens: Jetzt sind tatsächlich die Voraussetzungen dafür gegeben, dass es zu einem Austausch zwischen den Entwicklungen vor Ort in der weiten katholischen Welt und dem, was in Rom gebündelt werden soll, kommt. Das ist gelebte Synodalität. […] Die Weltsynode wollte einen Anfangspunkt setzen und Papst Franziskus war damit offensichtlich so zufrieden, dass er sich das Schlussdokument der Synode sofort zu eigen gemacht hat. Dass es der Evaluation und Weiterentwicklung der Synodalität bedarf, steht bereits in diesem Text der Weltsynode. […] Wir brauchen neue Formen, um den gestiegenen Erwartungen an eine aktive Teilhabe zu entsprechen. Synodalität ist dafür ein Mittel, und jetzt wird dieses Mittel konkret. Diese Konkretisierungsphase ist genau das, was die katholische Kirche braucht. […] Es ist ein ganz starkes Signal, dass hier eine Kirchenversammlung anberaumt wird. Kirchenversammlung ist derjenige Begriff, der vor allem von Lateinamerika aus immer stärker die Zukunft der katholischen Kirche prägt, weil das Wort Synode bislang sehr stark von bischöflicher Kollegialität geprägt gewesen ist. Es öffnet sich jetzt langsam in Richtung einer Kirchenversammlung und das bedeutet, dass dort bei weitem nicht nur Bischöfe Mitglieder sind, die Sitz und Stimme haben, sondern viele andere auch – Laien, Ordensleute, Diakone und Priester. Es gibt allerdings noch eine wichtige Aufgabe: Es muss jetzt der theologische und rechtliche Stellenwert einer solchen Kirchenversammlung präzise bestimmt werden. […] Vielmehr brauchen wir eine verbindliche Versammlung, die auch in der Lage ist, mit dem Papst zusammen Entscheidungen zu treffen. […] Das Kirchenrecht hinkt im Moment etwas hinterher, aber das Synodensekretariat hat eine kirchenrechtliche Kommission eingesetzt, die vorausdenkt. […] Die Lehre der Kirche hat sich jetzt geändert, und sie ändert sich auch weiterhin. Und das muss kirchenrechtlich nachvollzogen werden, denn es gibt im Moment eine ganze Reihe von offenen Stellen bei diesem Thema, die gefüllt werden müssen. Bis 2028 ist allerdings auch noch etwas Zeit…“ (domradio.de v. 17. 3.)

Die Reformgruppe „Wir sind Kirche“ ist erfreut über den durch Kardinal Grech vorgestellten Prozess zur weltweiten Umsetzung der Synodenbeschlüsse. Nun liege es an den Ortskirchen, Strukturen schaffen, die die Teilnahme aller Beteiligten an Entscheidungen sicherstellen könnten, teilte die Reformgruppe in München mit: „Diese Strukturen müssen deutlich machen, wie Laien und insbesondere Frauen, die alle die gleiche Taufwürde wie Geistliche haben, gleichberechtigt an der Entscheidungsfindung und Verwaltung der Kirche beteiligt werden“. Der Generalsekretär des Synodensekretariats, Kardinal Mario Grech, hatte den von Papst Franziskus genehmigten Prozess zur Umsetzung der Synodenbeschlüsse, der mehrere Treffen vorsieht und 2028 in einer Kirchenversammlung münden soll, vorgestellt. „Wir sind Kirche“ sieht in dieser Ankündigung auch eine Bestätigung des „Synodalen Weges“ in Deutschland. Dessen Arbeit müsse nun im „Synodalen Ausschuss“ intensiv fortgesetzt werden. Die „neue Anweisung“ aus Rom sollten auch die deutschen Bischöfe, die unter Verweis auf das Kirchenrecht das Gremium bislang abgelehnt hatten, zum Anlass nehmen, „sich nicht länger der Mitarbeit im Synodalen Ausschuss zu entziehen“, so „Wir sind Kirche“ an die Adresse der Bischöfe von Eichstätt, Köln, Passau und Regensburg. (vn v. 18. 3.)

Ein Tübinger Dogmatiker wünscht sich geweihte Diakoninnen. „Wir warten schon zu lange darauf", sagt der emeritierte Tübinger Dogmatikprofessor Peter Hünermann: „Dieses sakramentale Amt sollte endlich für Frauen geöffnet werden". Er betonte, es gebe kein theologisches oder biblisches Fundament gegen die Aufnahme von Frauen in den Klerus. Frauen heute noch immer von diesem kirchlichen Amt auszuschließen ist eine „Dummheit". Das Argument, die Weltkirche müsse insgesamt erst reif für die Weihe von Frauen zu Diakoninnen sein, überzeugt Hünermann nicht. Denn auch das Diakonat für Männer sei nicht einheitlich in der Weltkirche umgesetzt. Da gebe es Unterschiede zwischen einzelnen Ortskirchen. Nach Rücksprache mit Kardinal Karl Lehmann hatte Hünermann in den 1980er Jahren Frauen dazu eingeladen, sich zu einem diakonischen Ausbildungskurs anzumelden. Seit dem Abschluss dreier Ausbildungskurse sind die Absolventinnen sozusagen in der Warteschleife. Hünermann forderte sie auf: „Dranbleiben und weitermachen!" Bei der Weltsynode in Rom arbeite die jetzige Leiterin des Netzwerkes Diakonat der Frau an dem Thema weiter. Auch in Äußerungen des Papstes sieht der Theologe ermutigende Aufbrüche. „Ich werde es weiterhin unterstützen, dass es eines Tages in der Kirche Diakoninnen gibt: Es braucht Frauen, die zum Klerus gehören. Es braucht die Weihe von Frauen", so Hünermann. (domradio.de v. 18. 3.)

Papst Franziskus beruft eine Theologieprofessorin aus Löwen in das Kontrollgremium für die katholischen Universitäten. Zusammen mit drei männlichen Kollegen aus Spanien, dem Kongo und Kroatien wurde die belgische Theologieprofessorin Bénédicte Lemmelijn (56) Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der „Agentur zur Überprüfung und Steigerung der Qualität kirchlicher Hochschulen“. Die Agentur soll dazu beitragen, durch Kooperation der weltweit rund 250 kirchlichen Hochschulen deren wirtschaftliche Effizienz und wissenschaftliche Qualität zu steigern. Die Berufung in den wissenschaftlichen Beirat gilt für fünf Jahre. Bereits 2021 hatte der Papst die belgische Theologin, die einen Ruf als Spezialistin für das Alte Testament hat, für fünf Jahre in die Päpstliche Bibelkommission berufen. Im Jahr darauf war sie als erste Frau zur Dekanin der Theologischen Fakultät der Universität Löwen gewählt worden. (vn u. domradio.de v. 21. 3.)

Ein Moraltheologe sieht die „Theologie des Leibes" von Johannes Paul II. – den Fokus auf Sex zur Fortpflanzung legend – gescheitert. Der Mainzer Moraltheologe Stephan Goertz meint, das Sexualitäts-Konzept von Johannes Paul II. ignoriere Freiheit, Gleichheit und die Vielfalt menschlicher Sexualität. Er schlägt in einem Beitrag der Herder-Korrespondenz eine andere Herangehensweise vor: „Was ist so unsittlich an einer Kultur, die den geteilten sexuellen Genuss als Geschenk betrachtet, dankbar ist, wenn er gelingt, und ihn nicht ängstlich denen vorbehält, die es in den sicheren Hafen der Ehe geschafft und darin, wie vorgesehen, ihr Glück gefunden haben? […] In der Form des ganzheitlichen Begehrens einer anderen Person stellt Liebe ein prekäres Prinzip dar - sie lässt sich nicht kalkulieren oder erzwingen, nicht durch bloßen Willen am Leben erhalten, nicht institutionell einfangen." Liebe schere sich auch nicht um Geschlechterdifferenz. Es falle ihm schwer zu verstehen, was so unchristlich an einer Welt sein solle, die beim Thema Sexualität weniger an genitale, sondern an personale Ergänzung denke. Während das Zweite Vatikanische Konzil betonte, Sexualität sei ein Geschehen von Person zu Person, habe Johannes Paul II. eine Theologie entwickelt, die dahinter zurückgehe und den Fokus auf Sex zwischen Mann und Frau zur Fortpflanzung lege. Liebe und die Bedeutung der Sexualität sollen nach einem definierten göttlichen Plan gedacht werden: „Was in der Sexualität an menschlich Bedeutsamem erlebt werden kann, zählt nur, solange es im katholisch korrekten Rahmen bleibt". Vor allem die heteronormative Zuordnung von Mann und Frau ist grundlegend für diese Theologie. Autonomie und Gleichheit seien aber in diesem Zusammenhang keine Werte. Wenn jedoch das Prinzip der Autonomie nichts mehr wert sei, brauche es auch kein ethisches Argumentieren mehr, so der Theologe. (domradio.de u. vn v. 25. 3.)

Eine Grazer Theologin macht auf einen Begriffswandel im Schlussdokument der Weltsynode aufmerksam: Die Weltsynode ersetzte mit „Reziprozität" den Begriff „Komplementarität". Dies sei ein nicht zu unterschätzender Paradigmenwechsel in der Geschlechterfrage, sagte die Grazer Fundamentaltheologin Martina Bär der Kathpress. Besonders lateinamerikanische Synodenteilnehmerinnen und -teilnehmer haben sich für Reziprozität anstelle von Komplementarität starkgemacht. Eine Grundlage dafür sieht Bär in der Amazonien-Synode 2019, in deren Abschlussdokument bereits von „Gegenseitigkeit im sozialen Miteinander (‚Reziprozität') die Rede war. Der Begriff „Komplementarität" war in lehramtlichen Dokumenten bislang häufig verwendet worden, um die Beziehung zwischen Mann und Frau als einander ergänzend und vorgegeben zu definieren. Teilweise habe dieser Begriff auch Geschlechterstereotype legitimiert, erläuterte Bär. Mit dem Wechsel zur „Reziprozität" werde nun ein Begriff eingeführt, der die wechselseitige Beziehung auf Augenhöhe betont, ohne Zuschreibungen von geschlechtsspezifischen Eigenschaften und Rollen. „Es geht mehr darum, wie man eine Beziehung lebt und gestaltet, weniger um eine Hierarchie oder gar Abhängigkeit", so die Sprecherin der Frauen- und Geschlechterforschung an der römisch-katholischen Fakultät der Universität Graz. Theologischen Klärungsbedarf sieht Bär auch in der Frage, ob die neue Begrifflichkeit tatsächlich zu strukturellen Veränderungen führt. So schreibt das Abschlussdokument zwar von „equal dignity and reciprocity between men and women" (Nr. 52), jedoch bleibt die Vielfalt geschlechtlicher Identitäten unberücksichtigt. Die Theologin schlug daher eine Erweiterung des Begriffs vor, nämlich: „equal dignity and reciprocity between all sexes and gender". Die theologischen und kirchenpolitischen Auswirkungen des Begriffswechsels wurden auch bei einem interdisziplinären Forschungsworkshop in Bochum diskutiert. (kap v. 28. 3.)