Ökumene

„This is the ring“: Mit diesen Worten zeigte der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, den MitarbeiterInnen von Radio Vatikan, den Ring, den er am Finger trug. In der Tat handelt es sich bei dem Schmuckstück um ein beeindruckendes Zeugnis der Ökumene-Geschichte. Denn am 23. März 1966 kam der damalige anglikanische Primas Michael Ramsey nach Rom. Nachdem sich Papst Paul VI. diskret vergewissert hatte, ob Ramsey das Geschenk annehmen würde, zog er seinen bischöflichen Ring ab und steckte ihn dem Erzbischof von Canterbury an den Finger. Heute trägt ihn sein Nachfolger Welby bei seinem Besuch in Rom. In den Ring ist das Wappen von Papst Paul VI. eingraviert. (vn [=Vatican News] v. 6. 10.)

Die religiösen Führer Russlands, Armeniens und Aserbaidschans bemühen sich um eine Lösung des Karabach-Konflikts, berichtet der Informationsdienst Pro Oriente. Der armenisch-apostolische Katholikos Karekin II. ist nach Moskau gereist, wo er am Flughafen von Metropolit Hilarion (Alfejew), Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, empfangen wurde. Dann steht eine Begegnung mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. auf dem Programm. Dann wird der Kreis nochmals um den aserbaidschanischen Großmufti Scheich-ul-Islam Allahshukur Paschazade erweitert. Patriarch Kyrill hat sich seit dem Ausbruch der Kriegshandlungen im Herbst 2020 um eine friedliche Lösung des Konflikts bemüht. Über konkrete Lösungsvorschläge, die nun bei den Treffen der drei Religionsführer in Moskau diskutiert werden könnten, wurde im Vorfeld des Gipfels nichts bekannt. (vn v. 13. 10.)

Der Exekutivausschuss der gemeinsamen Arbeitsgruppe des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) und der römisch-katholischen Kirche traf sich am 12. Oktober online, um gegenwärtige Herausforderungen zu besprechen. Dabei hob Bischof Brian Farrell, Sekretär des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, das vergangene Treffen in Rom zum Thema „Glaube und Wissenschaft: Auf dem Weg zur COP26“ hervor. Zahlreiche internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und christliche Leitungspersonen, darunter der geschäftsführende ÖRK-Generalsekretär Priester Prof. Dr. Ioan Sauca, Papst Franziskus sowie Vertreterinnen und Vertreter anderer Religionen, trafen sich, um die internationale Aufmerksamkeit auf die Klimakrise zu lenken. Vertretende verschiedener Kirchen und Religionen aus der ganzen Welt führten mit Papst Franziskus einen Dialog über die wichtigsten Herausforderungen für die Bildung und luden die Institutionen der Welt ein, die Bildung ins Zentrum der internationalen Agenda zu stellen. Pastor Dr. Odair Pedroso Mateus, stellvertretender Interims-Generalsekretär des ÖRK, wies auf eine jüngst durchgeführte ÖRK-Konsultation hin, die sich mit dem ökumenischen Lehren befasste, das heute insbesondere von pfingstlichen und evangelikalen Bewegungen geprägt ist. (oikoumene.org v. 21. 10.)

Papst Franziskus hat Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel (81) zum 30. Jahrestag seiner Wahl gratuliert. In dem persönlich formulierten Schreiben dankte er ihm für viele Impulse für das eigene Amt und für die „tiefe persönliche Verbundenheit", aus der „eine brüderliche Freundschaft" geworden sei. Er teile mit dem Jubilar „das Verständnis unserer gemeinsamen pastoralen Verantwortung angesichts der Herausforderungen, vor denen die gesamte Menschheit heute steht. […] Insbesondere versichere ich Ihnen meine Anerkennung für Ihr Engagement für die Bewahrung der Schöpfung." Abschließend dankte er für den unablässigen „Weg des Dialogs in Liebe und Wahrheit" als „einzig möglichen Weg zur Versöhnung zwischen den an Christus Glaubenden und zur Wiederherstellung ihrer vollen Gemeinschaft". Bartholomaios I gilt als 270. Nachfolger des Apostels Andreas. (kap u. vn v. 22. 10.)

Im Jahr 1511 reiste der Augustinermönch Martin Luther nach Rom – ca. 6 Jahre vor dem Beginn der Reformation. Nun taten es ihm etwa 500 Christen vor allem aus Mitteldeutschland nach: Unter dem Motto „Mit Luther zum Papst“ trafen sie sich mit Franziskus im Vatikan. Organisiert wurde „Mit Luther zum Papst“ von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, der Evangelischen Landeskirche Anhalts und dem römisch-katholischen Bistum Magdeburg. Dessen Bischof Gerhard Feige ist praktischerweise auch der Ökumene-Verantwortliche der Deutschen Bischofskonferenz. „Liebe Freunde, mit Freude begrüße ich euch alle, die Ihr unter dem Motto ‚Besser alle zusammen‘ nach Rom gepilgert seid“, sagte Franziskus in einer kurzen Ansprache. „Zu Beginn habt ihr mich mit einem gemeinsamen Gesang begrüßt. Singen verbindet. Im Chor ist man nicht allein: Es ist wichtig, auf die anderen zu hören. Die Hörbereitschaft wünsche ich mir für die Kirche. Wir sind dabei, sie im synodalen Prozess neu einzuüben.“ Franziskus ermunterte seine Zuhörer, immer „hellhörig für Gottes Melodie“ in ihrem Leben zu bleiben. „Dann wird aus vielen Stimmen ein Gesang. Auch darin geschieht Ökumene.“ Zum Schluss beteten alle zusammen ein Vaterunser. Rückblickend von seiner Romreise polterte Luther, die Stadt sei ein „Sündenpfuhl“. Immerhin ist seit sechs Jahren ein römischer Platz nach Martin Lutero benannt, ganz in der Nähe vom Kolosseum. Der lutherische Landesbischof Friedrich Kramer hatte Franziskus zuvor in einer kurzen Rede als „Lieber Bruder in Christo“ begrüßt. „Wir sind evangelische und katholische Christinnen und Christen, aber auch Menschen ohne Konfessionszugehörigkeit […] Wir kommen aus einer Region, die Martin-Luther-Land ist; die Kirche ist semper reformanda. Wir wünschen Ihnen viel Glück und Gottes Segen für Ihren synodalen Prozess.“ „Mit Luther zum Papst“ ist am Sonntag in Rom mit dem Ökumenepreis der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland ausgezeichnet worden. (vn v. 25. 10.)

Ein positives Resümee haben der Linzer Bischof Manfred Scheuer, der oberösterreichische Superintendent Gerold Lehner, Alt-Landeshauptmann Josef Pühringer und die Linzer Ökumene-Beauftragte Isabella Bruckner nach ihrer viertägigen Studienreise in die Schweiz gezogen. Die in der Vorwoche von der „Pro Oriente"-Sektion Linz veranstaltete Visite stand im Zeichen des Dialogs der christlichen Kirchen. Auch wenn die Ökumene derzeit leider keine Hochkonjunktur erlebe, sei es wichtig, „miteinander in Beziehung zu bleiben" und das Bekenntnis und Zeugnis für Jesus Christus als „gemeinsame Mission" zu verstehen, betonte Scheuer in der Linzer Kirchenzeitung. Die Zusammenarbeit zwischen den Kirchen und Konfessionen scheint derzeit schwieriger zu sein als noch vor einigen Jahrzehnten: Diesen Eindruck hatte man bei den Besuchen im ökumenischen Zentrum in Genf mit dem Lutherischen Weltbund und dem Ökumenischen Rat der Kirchen. Der dort tätige evangelische Pfarrer Benjamin Simon sowie der rumänisch-orthodoxe Theologe Vasile Octavian Mihoc vermittelten dies: Es gebe einen „schrecklichen Zug weg von der ökumenischen Weite zur Konzentration auf das je Eigene", erklärte Mihoc. Besonders aufpassen müsse man, „dass die ethischen Fragen rund um die Homosexualität nicht zu kirchentrennenden Fragen werden". Gleichzeitig gebe es jedoch auch Aufbrüche, ergänzte Pfarrer Simon: Kirchen könnten sich dank ihrer Zusammenarbeit spürbar in die Gesellschaft einbringen, wie etwa im Sudan oder in Kolumbien. Zudem habe die Pandemie ein neues Interesse an der Ökumene geschaffen. Beeindruckt von den Erfahrungen der Reise zeigten sich Superintendent Lehner und die Ökumene-Beauftragte Bruckner. Durch Ökumene „gewinnt man Freunde, Inspiration, man lernt, besser zuzuhören und miteinander zu kommunizieren", sagte Lehner. Bruckner würdigte das Bewusstsein für Ökumene auf globaler Ebene sowie für „unterschiedliche Formen von Reformation und Spiritualität". (kap v. 27. 10.)

Zu Bemühungen um mehr Kircheneinheit gibt es keine Alternative, auch wenn der Weg mühsam ist. Das war der Tenor eines Symposions im Wiener Erzbischöflichen Palais zum Thema „Warum wir eine bekennende Ökumene brauchen". Es diskutierten u. a. Kardinal Christoph Schönborn, der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis) und der lutherische Bischof Michael Chalupka. Dass die Kirchen heute im säkularen Europa weitgehend „machtlos" geworden seien, bezeichnete Kardinal Schönborn als Chance für die Ökumene. „Wir stehen einander nicht mehr als ‚politische Gegner' gegenüber." Bischof Chalupka betonte, es sei schmerzlich, dass es nach wie vor nicht möglich sei, gemeinsam Eucharistie zu feiern. Als einen Meilenstein in der Ökumene in Österreich erinnerte er an das Ökumenische Sozialwort der heimischen Kirchen aus dem Jahr 2003. Metropolit Arsenios hob in seinen Ausführungen unter anderem die Bedeutung jeder noch so kleinen persönlichen Begegnung hervor. Auch er räumte ein, dass die Kirchen auf allen Ebenen noch mehr aufeinander hören und voneinander lernen sollten. Die deutsche Ökumene-Expertin Theresia Hainthaler erinnerte in ihrem Impulsvortrag an Kardinal Franz König (1905-2004). Sie verwies auf die Christologische Erklärung der Gemeinsamen Katholisch-Koptischen Kommission vom August 1976 in Wien. Darin versicherte man sich wechselseitig des orthodoxen Glaubens, oder auf die gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1999. Vor dem Symposion fand im Wiener Stephansdom ein Gedenkgottesdienst für Erich Leitenberger statt. An dem Symposion bzw. Gottesdienst nahmen u.a. auch der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld, der anglikanische Bischofsvikar Patrick Curran, die methodistische Pastorin Esther Handschin, der syrisch-orthodoxe Chorepiskopos Emanuel Aydin, der griechisch-katholische Generalvikar Yuriy Kolasa und Prof. Rudolf Prokschi, Vorsitzender des Ökumenischen Rats der Kirchen und Vizepräsident von Pro Oriente, teil. Veranstalter des Symposions waren die Stiftung Pro Oriente, der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), die Diözesankommission für ökumenische Fragen der Erzdiözese Wien, der Ökumene-Ausschuss Vikariat Wien-Stadt und die Initiative Christlicher Orient. (kap v. 29. 10.)

Der Vatikan ermuntert die Ortskirchen dazu, schon bei der ersten Phase der Welt-Bischofssynode, auch Partner aus anderen christlichen Kirchen mit einzubeziehen. In einem Brief geben die Kurienkardinäle Kurt Koch und Mario Grech dazu praktische Hinweise: Sowohl die Synodalität als auch das Miteinander der Kirchen seien „Prozesse des gemeinsamen Vorangehens“, und gerade im Bereich der Synodalität lasse sich viel von anderen Kirchen lernen. Der Brief schlägt unter anderem vor, Delegierte aus anderen Kirchen zu den synodalen Prozessen in den einzelnen Bistümern einzuladen und sie um ihre Meinung zu bitten. Der Prozess der Weltsynode wird 2023 in eine Bischofssynode im Vatikan münden. (vn v. 30. 10.)