Innerkirchliche Reformansätze: (Frauen, Zölibat, wiederverheiratet Geschiedene, Moral ..)

Papst Franziskus hat eine neue Studienkommission zur Untersuchung des Frauendiakonats eingerichtet. Mit Barbara Hallensleben und Manfred Hauke gehören dem Gremium zwei deutsche, in der Schweiz lehrende Dogmatiker an. Insgesamt besteht die Studienkommission aus zehn Sachverständigen, je fünf Frauen und Männer. Zum Vorsitzenden bestimmte der Papst den italienischen Kardinal Giuseppe Petrocchi, Erzbischof von L’Aquila. Es ist bereits die zweite Studienkommission zum Frauendiakonat, die Papst Franziskus einrichtet. Die erste hatte Franziskus 2016 auf Anregung von Ordensoberinnen ins Leben gerufen. Diese Kommission kam zu keinem eindeutigen Ergebnis über die Realität des Frauendiakonats in der frühen Kirche. Einige römisch-katholische Ortskirchen äußern weiterhin Bedarf am Frauendiakonat. Bei der Amazonien-Synode im vergangenen Oktober kam das Thema häufig auf; das mit Zweidrittelmehrheit der Synodenväter gebilligte Schlussdokument schlägt vor, die Möglichkeit des Frauendiakonats weiterhin zu prüfen. In der Orthodoxie hatte zuletzt das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel eine Wiederbelebung des Frauendiakonats ins Spiel gebracht. (vn v. 8. 4.)

Nach Ansicht des emeritierten Kurienkardinals Walter Kasper hat die römisch-katholische Kirche „keine andere Wahl, als sich einem Reformdiskurs zu stellen". Dazu habe der Missbrauchsskandal die Glaubwürdigkeit der Kirche, „insbesondere ihrer Amtsträger“, bei vielen Menschen zu tief erschüttert. Es gehe aber nicht darum, die kirchlichen Ämter abzuschaffen. Stattdessen gelte es, sich die Botschaft des Evangeliums zu besinnen: „Wer vom Evangelium auch nur etwas verstanden hat, wird wissen, dass es immer ein Stachel im Fleisch sein wird und sein muss“, sagte der frühere vatikanische „Ökumene-Minister“ der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. (kap u. kna v. 15. 4.)

Ist der Papst nicht mehr „Stellvertreter Christi“? Handelt es sich um eine Selbstentmachtung des Papstes? Anders als in früheren Ausgaben des „Päpstlichen Jahrbuchs“ sind die verschiedenen Titel des Papstes in der jetzt veröffentlichten Ausgabe für 2020 nicht mehr über dem Namen des Amtsinhabers, Jorge Mario Bergoglio, aufgeführt. Stattdessen stehen sie als Anmerkung auf der entsprechenden Seite unten, mit einem Strich abgegrenzt und kursiv überschrieben: „Titoli storici [historische Titel]: Stellvertreter Jesu Christi, Nachfolger des Fürsten der Apostel, Pontifex maximus der universalen Kirche, Primas von Italien, Erzbischof und Metropolit der Provinz Rom, Souverän des Staates der Vatikanstadt, Diener der Diener Gottes“. Auf der Seite steht im Text: „Franziskus, Bischof von Rom“. Der deutsche Kirchenhistoriker Hubert Wolf sieht darin die mögliche Lesart, diese Titel seien historisch im Sinne von vergangen und hätten heute keine Bedeutung mehr. Das aber hätte, so Wolf, gravierende dogmatische Konsequenzen z. B. für das Unfehlbarkeitsdogma des Papstes. Aus diesem Grund etwa spricht Ex-Glaubenspräfekt Kardinal Gerhard Ludwig Müller in der „Tagespost“ von einer „theologischen Barbarei“. „Mit welcher Vollmacht spricht der Papst, wenn die genannten Titel heute irrelevant wären?“, fragt Wolf. „Damit würde Franziskus sein Amt in einen Zustand versetzen wie in den ersten drei Jahrhunderten, als der Bischof von Rom unter den anderen Bischofssitzen den ‚Vorsitz in der Liebe‘ hatte, wie Franziskus es am Abend seiner Wahl auf dem Balkon des Petersdomes verkündet hat“. Ein Primat der Liebe aber sei „ohne juristische Kompetenz“. Die Änderung im Jahrbuch 2020 wurde bisher offiziell nicht kommentiert. Ganz unwahrscheinlich ist es nicht, dass Franziskus - oder jemand anderer? - damit eine Diskussion anregen wollte. (JA v. 19. 4.)

Der Bischof von Osnabrück, Franz-Josef Bode, hält in einem Online-Auftritt das Thema Frauen in der Kirche für vorrangig. Auf die Frage, was er tun würde, wenn er für einen Tag Papst wäre, meinte Bode: „Ich würde gerne die Diskussion nochmal neu entfachen um die Weihe der Frauen. Ob die Argumente, die bisher da sind, nicht doch überprüft werden müssen, und wie wir überhaupt mit Frauen in der Kirche uns weiterhin verhalten.“ Beim Reformdialog der Kirche in Deutschland, dem „Synodalen Weg“, ist Bode für das Thema Frauen mitverantwortlich. Für seine Bemerkung, Christus sei „für uns Mensch, nicht Mann geworden“, zog er scharfe Kritik eines US-Bischofs auf sich. (www.bistum-osnabrück u. vn v.22. 4.)

Die neue Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), Angelika Ritter-Grepl, hat eine eigene Stelle für Geschlechtergerechtigkeit in der Bischofskonferenz angeregt. Außerdem will sie jüngere Frauen stärker beachtet sehen. Ritter-Grepl bildet gemeinsam mit ihren Stellvertreterinnen Petra Unterberger und Anna Raab sowie der ebenfalls jüngst bestellten Generalsekretärin Elisabeth Anker die neue Führungsspitze der kfbö. Dass drei dieser vier Frauen aus Tirol kommen, sei kein Zufall: Bereits seit der Amtszeit von Bischof Alois Kothgasser existiert dort ein eigenes Frauenreferat, das Angelika Ritter-Grepl bisher leitete. Es gibt einen Gleichstellungsplan und ein „Genderteam", das vom Generalvikar im bischöflichen Konsistorium vertreten wird. Ritter-Grepl war u.a. an der Akton „bleiben.erheben.wandeln" beteiligt, bei der sich 2019 an den 50 Tagen von Ostern bis Pfingsten 50 Frauen für die Gleichstellung in der Kirche stark machten. „Man muss sich in Strukturen bewegen, wenn man Strukturen verändern will", erklärte sie. Das Thema Frauen und kirchliches Amt erfordere es, sich „gemeinsam auf den Weg zu machen, um das zu bearbeiten". (kap u. vn v. 22. 4.; JA v. 3. 5.)

Der kanadische Kurienkardinal Marc Ouellet fordert beim Thema Frauen in der Kirche eine „Kulturrevolution“. Vielen Priestern oder Seminaristen gelte eine Frau heute generell als „Gefahr“, räumte der Präfekt der Bischofskongregation im Gespräch mit der vatikanischen Frauen-Zeitschrift „Donne Chiesa Mondo“ ein, einer Beilage der Vatikanzeitung „L’Osservatore Romano“. Die eigentliche Gefahr bestehe darin, dass Männer der Kirche keine „ausgeglichenen Beziehungen“ zu Frauen hätten. „Das ist es, was wir radikal ändern müssen“. Besonders wichtig scheint dem Kardinal eine stärkere Rolle von Frauen bei der Ausbildung künftiger Priester. Sie sollten „die menschliche Seite“ ansprechen und ihnen beim affektiven und psychologischen Reifen helfen. Dieser Aspekt sei „in den Priesterseminaren nicht genug entwickelt“. Außerdem sollten die Frauen eine wichtige Rolle in der Lehre und in der Berufungspastoral einnehmen. (or u. vn v. 24. 4.)

Die deutschen römisch-katholischen Bischöfe haben 75 Jahre nach Kriegsende in einem Dokument eine historische Mitschuld ihrer Amtsvorgänger im Zweiten Weltkrieg eingeräumt. Viele Aspekte darüber seien heutzutage gut ausgeleuchtet, zu wenig wisse man aber bis heute über die Haltung der römisch-katholischen Bischöfe zum Krieg, erklärte der Vorsitzende der Bischofskonferenz Georg Bätzing: Der Blickwinkel vieler deutscher Bischöfe habe sich im Lauf des Kriegs verändert, hielt der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer fest, der das Dokument als Vorsitzender der Deutschen Kommission „Justitia et Pax“ federführend betreute. Allerdings ergebe sich „ein Bild der Verstrickung“: Viele Bischöfe hätten „die Soldaten in berechtigten Gewissenskonflikten nicht unterstützt. […] Den teuflischen Verstrickungen in die Verbrechen und den daraus erwachsenen Nöten wurde man damit nicht gerecht. Mehr noch: Indem die Bischöfe dem Krieg kein eindeutiges ,Nein‘ entgegenstellten, sondern die meisten von ihnen den Willen zum Durchhalten stärkten, machten sie sich mitschuldig am Krieg“. (vn v. 29. 4.)