WOLFGANG LANGER 1934 - 2020

„HEILIGER UNGEHORSAM“

Wolfgang Langer, geboren 1934 in Breslau, wurde im Gefolge des Zweiten Weltkriegs in jungen Jahren aus seiner schlesischen Heimat vertrieben. Er studierte katholische Theologie in St. Georgen und wurde 1960 zum Priester geweiht. Von 1979 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2000 war er ordentlicher Universitätsprofessor für Religionspädagogik und Katechetik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, deren Dekan er in den Studienjahren 1985/86–1986/87 war. Nach seiner Emeritierung widmete er sich vollkommen seinen seelsorglichen Aufgaben in seiner ihm zur Heimat gewordenen Gemeinde Perchtoldsdorf, wo ihn viele als brillianten Prediger und Seelsorger schätzten. Sein letztes Lebensjahr war er im Pflegeheim in Laxenburg bei den Barmherzigen Schwestern, wo er am 29.5.2020 verstorben ist.

Im März 2003 sprach Wolfgang Langer bei der Kirchenvolks-Konferenz „Ungehorsam – Dienst an der Kirche?!“ zum Thema „Heiliger Ungehorsam – um der Menschen und um Gottes Willen“. Schon damals betonte er, dass „die biblische Begründung für die Amtsvollmachten der Priester …überhaupt auf wackeligen Beinen“ steht. Man könnte, meinte er, Krankenhausseelsorger*innen mit der Spendung des Bußsakramentes und der Krankensalbung amtlich betrauen; man könnte Nicht-Kleriker zum Predigen einladen; man könnte für Menschen in einer „irregulären“ Ehe ein Klärungsverfahren entwickeln, das sie an der Eucharistie teilhaben lässt usw.

„Man könnte… man tut es nicht, nicht einmal in Ansätzen, nicht einmal ad experimentum, d.h. um vor entsprechenden Entscheidungen Erfahrungen zu sammeln. Was steht dem entgegen? Im Wesentlichen dreierlei: eine verengte und gleichzeitig übertriebene Theologie des Amtes, ein ungeschichtliches Verständnis von Tradition und die fragwürdige Interpretation einzelner, aus dem Zusammenhang gerissener biblischer Aussagen.“

„Solange das priesterliche Amt ontologisch und nicht funktional verstanden wird (Priester auf ewig, ‚unauslöschliches Merkmal‘), wird sich kaum etwas bewegen.“

Der pastorale Notstand nimmt indessen zu, und den Menschen wird durch dieses unwürdige Verharren in den althergebrachten Strukturen der ihnen zustehende Heilsdienst verweigert. Angesichts dessen können die Christen, speziell die in der Seelsorge Tätigen, nicht in „undiffenziertem Gehorsam“ verharren. „Sie werden vielmehr durch die Lage der Kirche, wie sie ist, ermächtigt und durch den Geist, der ‚weht, wo er will‘ (Joh 3,8) ermutigt zu tun, was sie nach reiflicher Überlegung und gestützt auf die wesentlichen, vor allem biblischen Überlieferungen für richtig und notwendig halten – auch wenn sie damit an geltendem Kirchenrecht vorbei handeln.

Für diese Art von ‚Ungehorsam‘ werden sie freilich mit ihrer Person einstehen müssen. Darum muss es auch dem oder der Einzelnen überlassen bleiben, wie weit sie sich in diesem oder jenem Fall vorwagen. Die Kirchengeschichte zeigt mit vielen Beispielen, dass es gar nicht selten der Mut zum Ungehorsam Einzelner war, der, wenn auch nach Leidenswegen, schließlich die Gemeinschaft insgesamt in Bewegung gebracht und eine Veränderung der Strukturen bewirkt hat. Es geht dabei weiß Gott um etwas anderes als eine spätpubertäre Lust an der Rebellion. Es geht um die Menschen und um Gottes Sorge für sie, die er selbst zu einem guten Teil Menschen anvertraut hat. Darum kann man von einem ‚heiligen Ungehorsam‘ sprechen – ‚um der Menschen und um Gottes Willen.‘“

(Gemeinsame Broschüre der Plattform „Wir sind Kirche“ und der Basisgemeinden im Wiener Raum: Kirchenvolkskonferenz: „Ungehorsam – Dienst an der Kirche?!“, 2003, S 27 - 49)

Ich habe mit Wolfgang Langer viele Jahre im Kreis der Religionspädagog*innen (Österreich, Deutschland und Schweiz) zusammengearbeitet und habe ihn sehr geschätzt. Über seine hervorragende fachliche Kompetenz hinaus war ein äußerst liebenswürdiger, hilfsbereiter, humorvoller Kollege. Nun ist er ein Stockwerk höher gewandert. Dort wird es ihm sehr gefallen. (MH)