Stefan Kiechle: Grenzen überschreiten – Papst Franziskus und seine jesuitischen Wurzeln, echter-Verlag 2015, 70 Seiten (Oktavformat), ISBN-10: 342903857X
Der Verfasser dieses kleinen Büchleins ist Generaloberer der deutschsprachigen Jesuiten. Es beschreibt verschiedene besondere Ereignisse im Leben des Papstes. Einiges habe schon andernorts gelesen. Neu und erstaunt hat mich folgendes:
Im Dezember 2013 sprach der Papst nach einem verkürzten Verfahren Peter Faber (franz. Pierre Favre) heilig. Faber lebte von 1506 – 1540 und davon einige Zeit in Mainz und Worms als Delegierter des damaligen Papstes, also in der Reformationszeit. Er zählt auch zu den Gründern des Jesuitenordens. Er führte Religionsgespräche mit Anhängern der Reformation, Predigte und wirkte als Exerzitienmeister. Sein Anliegen war auch die Erneuerung der Kirche.
Das 7. Kapitel des Büchleins lautet: Das Model Peter Faber
In einem Interview erläuterte Papst Franziskus sieben Gaben und Vorgehensweise des Peter Faber, die er besonders schätzt und der Kirche wünscht:
- Dialog mit allen, auch mit Fernstehenden und Gegnern.
- Schlichte Frömmigkeit.
- Vielleicht eine gewisse Naivität.
- Unmittelbare Verfügbarkeit.
- Aufmerksame innere Unterscheidung
- Ein Mann großer und starker Entscheidungen. Zu allen Punkten bietet Kiechle kurze Erläuterungen, zu diesem Punkt ein Zitat: „Peter Faber lebte in einer Wende-Zeit. Wie Papst Franziskus aus kleinen Verhältnissen stammend, verkehrte er furchtlos mit den Mächtigen seiner Zeit, er packte Herausforderungen an, und er sagte Wahres ohne Angst, auch wenn es nicht immer und nicht jedem gefiel. Zum einen blieb er katholisch in einer Zeit, in der sich ganze Landstriche von der als veraltet und dekadent erlebten katholischen Kirche abwandten, zum andern sah er ihren erschreckenden Reformstau und ließ sich in seinem heiligen Reformeifer bedingungslos in spirituell wüste Landschaften senden.“ (S. 59)
- Zugleich fähig, so sanftmütig, so sanftmütig zu sein. „Das Wort des Papstes ist ein wenig rätselhaft. Was meint ein zweimaliges >sanftmütig< (ital. dolce) – und zwar für einen Jesuiten? Das >Zugleich< verweist auf den Gegensatz zum vorigen Wort: Der sanftmütige Peter Faber konnte also seine >großen und starken Entscheidungen< je nach Situation zurückstellen und stattdessen empathisch zuhören, d.h. warten, Gefühle zu lassen, innere oder äußere Prozesse geschehen und den Geist wirken lassen, dabei zugewandt und aufmerksam, wertschätzend und zart (dolce), mit viel Gespür, gewaltfrei, einfach einlassend den Menschen begegnen…“, S. 59.
Ich beschäftige mich zurzeit ja intensiv mit dem Reformationsprozess und mache dabei immer wieder überraschende Entdeckungen, eine ist dieser Hl. Peter Faber, der mir bisher noch nie begegnet war. Wenn er nicht so früh gestorben wäre und er statt Johann Eck die Leipziger Gespräche geführt hätte, wäre die Reformation vielleicht anders verlaufen.
Erwin Kreim