Ich bin zutiefst erschüttert

06.01.2010, Pfarrer Gerhard Hackl

An Missio Päpstliche Missionswerke in Österreich!

Seit meiner Priesterweihe vor über 54 Jahren bin ich ein begeisterter Förderer der Weltmission und Verehrer des Hl. Franz Xaver. Ich habe alle Kontinente dieser Welt besucht und die Kirche überall in ihren Licht- und Schattenseiten kennengelernt. Ich lehne daher alle Schwarzmalerei wie auch Schönfärberei ab.

Ich möchte gerne wissen, wo die Quelle für die mit Sicherheit falsche Behauptung im Predigtimpuls für morgen liegt "Im Gegensatz zu Europa, wo man vielerorts über mangelnden Priesternachwuchs klagt, gibt es in Afrika, Asien und Lateinamerika so viele Berufungen zum Priesteramt, dass die Seminare aus allen Nähten platzen"? Das ist zumindest maßlos übertrieben und erweckt einen völlig falschen Eindruck über die tatsächliche Situation in diesen Kontinenten!

Infolge des viel stärkeren Bevölkerungswachstums in diesen Kontinenten ist der Priestermangel dort noch viel krasser als der ohnehin schon katastrophale Mangel in Europa und Nordamerika. Es gibt sowohl in Europa als auch in den anderen Kontinenten sehr wohl viele Berufungen zum Priesteramt. Doch akzeptiert die westliche Kirchenleitung diese von Gott kommenden Berufungen nur dann, wenn sie zugleich mit der Berufung zur Ehelosigkeit verbunden sind. Es handelt sich um einen Widerstand gegen Gott, der sowohl im Osten als auch im Westen junge Menschen zum Priesteramt allein als auch zugleich zum Priesteramt und zur Ehe beruft.

Der Hl. Apostel Paulus verteidigt in 1 Kor 9, 5 ausdrücklich das RECHT der übrigen Apostel und des Kephas, verheiratet zu sein und damit auch das RECHT der heutigen Priester, frei über ihren Lebensstand zu entscheiden. Für die Kirchenführung ist ein unbiblisches und schädliches Gesetz wichtiger als das Heil der Menschen und die Befolgung des göttlichen Gebotes "Tut dies zu meinem Gedächtnis!". Durch immer neue Zusammenlegungen wird zum Schaden einer persönlichen Pastoral das Schriftwort in der Apostelgeschichte 14, 23 missachtet: "In JEDER Gemeinde bestellten sie durch Handauflegung Älteste"! Das vatikanische Presseamt ist weltweit bekannt für die Verbreitung guter Nachrichten aber leider auch falscher Informationen mit gezielter Schönfärberei.

Mich stört, daß nur 3 Erdteile genannt werden, Ozeanien aber ausgeklammert wird, der Priestermangel aber auch auf den Inseln Ozeaniens katastrophal ist, wie ich selbst feststellen konnte. In Afrika, ich besuchte den Kongo, drängen sich junge Menschen oft deshalb in Seminare, um dem Hunger und dem Elend zu entgehen. Sicher fühlen sich viele von ihnen zum Priesteramt berufen, nehmen aber den Pflichtzölibat zum Teil nur in Kauf, um ihrer Berufung folgen zu können.

Der charismatische Zölibat ist zutiefst biblisch und sollte in jeder Hinsicht gefördert werden, der unbiblische Pflichtzölibat aber ist schädlich und ein schweres Hindernis für das Wachstum des Reiches Gottes. Unser Herr Jesus Christus und seine Apostel haben sich in keiner Weise interessiert, nur unverheiratete Männer für dieses so wichtige und für die Eucharistiefeier unersetzliche Amt auszuwählen.

In Asien habe ich auf den katholischen Philippinen in Manila einen Pfarrer getroffen, der für 100.000 Katholiken zuständig war und einen anderen irischen Pfarrer, der an jedem Sonntag allein zwölf Hl. Messen feierte, um allen in der zu kleinen Kirche die Möglichkeit zur Mitfeier zu geben. Vor seiner Kirche werben massiv Sektenanhänger! Schon auf der Seefahrt zu einer großen Insel wurde ich von Vertretern einer anderen Kirche über den dortigen Priestermangel informiert und zu ihren Gottesdiensten eingeladen. Die Sekten haben auch auf den Philippinen großen Zulauf. In Lateinamerika sind infolge des katastrophalen Priestermangels Millionen zu den Evangelikalen übergetreten, in Brasilien bereits 30 Millionen und das ehemals katholische Guatemala ist heute zu 60 % evangelikal. Sind die Berichte unseres Bischofs Kräutler bei uns unbekannt?

Sie werden also verstehen, dass ich über den oben zitierten Satz über "Seminare, die aus allen Nähten platzen" zutiefst erschüttert bin. In Afrika wird der Pflichtzölibat weithin nur in Kauf genommen und nicht eingehalten. Unser Herr Jesus Christus erwartet von uns dringendst die längst überfälligen Reformen!

Mit Ihnen im Gebet und der Sorge um das Wachstum des Reiches Gottes verbunden und den herzlichsten Grüßen!

Waldegg, 5.Jänner 2010

G.R. Gerhard Hackl, Pfarrer
2754 Waldegg 1, N.Ö.
gerhardhackl@aon.at