Innerkirchliche Reformansätze: (Frauen, Zölibat, wiederverheiratet Geschiedene, Moral ..)

Die Kirche ist kein Selbstzweck, sondern dafür da, den Menschen zu helfen, zu Gott zu finden. Das hat der steirische Bischof Wilhelm Krautwaschl in der ORF-Sendung „Steiermark heute" betont. Die Kirche befände sich in einem großen Veränderungsprozess, „und das heißt für mich, dass wir wieder neu entdecken müssen, worum es der Kirche eigentlich geht. […] Es geht ja nicht um uns selbst, sondern um die Verkündung der Frohen Botschaft, es geht um das Reich Gottes, und deshalb braucht es dementsprechende Gefäße, sagen wir Strukturen, die das ermöglichen." (kap v. 2. 11.)

Eine ganze Reihe von Experten plädiert dafür, die Regeln für die Papstwahl dringend zu reformieren. Die Kirchenhistoriker Alberto Melloni und Massimo Faggioli befürchten: Die von Franziskus bewusst betriebene Internationalisierung der Bischofsernennungen führe zwar zu mehr Vielfalt, mache die Verständigung auf einen gemeinsamen Kandidaten aber schwieriger. Faggioli macht sich daher die „durchdachten und vernünftigen Vorschläge" seines italienischen Kollegen Alberto Melloni zu eigen, die in der Zeitschrift „Il Mulino" veröffentlicht wurden: So sollten die Papstwähler in den Tagen des „Vorkonklaves" isoliert im vatikanischen Gästehaus wohnen. Die Wahlberechtigten müssten ferner im Konklave mehr Zeit für ausführliche Befragungen und Debatten haben. Aus Sicht des Münsteraner Kirchenhistorikers Hubert Wolf würden „entscheidenden Probleme" damit nicht angegangen, schrieb er in einem Beitrag für das Portal katholisch.de. Wolf fordert eine Regelung für den Fall, dass ein Papst aufgrund schwerer Krankheit amtsunfähig wird. „Es geht um das heikle Thema einer päpstlichen Generalvollmacht oder einer entsprechenden Patientenverfügung". (kna v. 3. 11.)

In der Kärntner Diözese Gurk haben 22 Frauen und Männer den ersten „Lehrgang zur Leitung von Begräbnissen für theologisch und pastoral qualifizierte Laien" in sieben Modulen absolviert. Bischof Josef Marketz beauftragte die AbsolventInnen bei einer gemeinsamen Vesper im Bildungshaus Sodalitas in Tainach/Tinje. Den neuen Dienst bezeichnete Marketz als „großen Mehrwert für die Diözese". Er sei „froh und dankbar, dass dieser wichtige Schritt der katholischen Kirche Kärnten bereits auf ein sehr positives Echo in der Öffentlichkeit und bei zahlreichen Priestern gestoßen ist". (kap v. 4. 11.)

Der Vatikanstaat bekommt eine Vize-Regierungschefin. Papst Franziskus ernannte die italienische Sozialwissenschaftlerin und Ordensfrau Raffaella Petrini (52) zur Generalsekretärin des vatikanischen Governatorats. Erst im September hatte Franziskus Bischof Fernando Vergez Alzaga (76) zum neuen Regierungschef für den Vatikanstaat ernannt. Das Governatorat der Vatikanstadt ist die Staatsverwaltung. Es besteht aus einer Kommission von sieben Kardinälen, der ein Präsident als Regierungschef vorsteht. Das Governatorat wiederum untersteht der Päpstlichen Kommission für den Staat der Vatikanstadt. (kap u. vn v. 4. 11.)

120 französischen Bischöfe haben im Zuge ihrer Vollversammlung in Lourdes eine Bußfeier mit der Bitte um Vergebung für sexuellen Missbrauch durch Kirchenangehörige abgehalten. Sie trugen auf Wunsch der Betroffenen keine liturgischen Gewänder. An der Bußfeier nahmen auch von sexuellem Missbrauch Betroffene teil, wie „La Croix“ berichtete. „O Gott, vergib uns, dass wir nicht verstanden haben, dass die Macht, die du uns gibst, eine unermüdliche Vorbildfunktion erfordert“, wird der Bischofskonferenz-Vorsitzende Eric de Moulins-Beaufort zitiert. Zahlreiche Bischöfe seien spontan niedergekniet. Zuvor hatte de Moulins-Beaufort die institutionelle Verantwortung der Kirche anerkannt. Die Bischöfe bekräftigten, dass den Taten eine „systemische Dimension“ zugrunde liege. Ein im Oktober vorgestellte Studie spricht von rund 216.000 mögliche Opfer seit 1950. (kna u. vn v. 7. 11.)

In einem Interview mit domradio.de findet der Limburger Bischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, über Reformen und Missbrauch in der Kirche klare Worte: „Die Weiterentwicklung, das Weitertragen der Tradition, stockt seit Jahrzehnten – und die Auswirkungen davon nehmen wir massiv wahr. Deshalb glaube ich auch, wir brauchen einen radikalen Perspektivwechsel in der Kirche. […] Wir müssen fragen: Worin stoppt denn die Krise uns? Denn ich glaube, dass uns Gott mit den Zeichen der Zeit eine Botschaft gibt. […] Wir werden keine Massenbewegung mehr sein. Dennoch bin ich ein großer Verteidiger davon, dass die Kirche immer alle ansprechen sollte. Wir dürfen keine Sekte werden. […] Ich halte die Frauenfrage in der Kirche für die entscheidende Zukunftsfrage. Da bin ich viel sicherer geworden. […] Die Geschlechtertypologie bis hin in die neutestamentlichen Bilder von Braut und Bräutigam [©Hans Urs von Balthasar], das kann in unserer Zeit nicht mehr Leitbild sein, weil es uns nicht hilft in den Problemen, die wir zu bewältigen haben. […] Ich kann nicht mehr wirklich sehen, dass die Argumente für das dem Mann vorbehaltene Priesteramt wirklich noch im Volk Gottes aufgenommen werden. Und das ist doch eine theologische Qualität. […] Könnte ich mir denn bildhaft vorstellen, dass eine Frau ein sakramentales Amt in der Kirche übernimmt? Dann sage ich heute: Ja, das kann ich. […] Aber seit „Ordinatio sacerdotalis" von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1994 wird der Versuch gemacht, die Frauenfrage als geklärt und geschlossen zu bezeichnen. [… Aber] für die Gläubigen und für viele im Amt ist die Frage nicht geschlossen. Sie ist offen, sie wird gestellt und sie wird nicht beruhigt werden. [… Zum Pflichtzölibat:] Ich glaube, dass wir hier die Argumente für ein Priesteramt, das durchaus mit der Ehe verbunden sein kann, stark machen. Und da sind wir ja nicht allein. […] Aber wir wollen Argumente liefern, warum das der Not auch der Sakramente in unserer gegenwärtigen Situation vielleicht abhelfen könnte. Das ist nicht nur eine Not im Amazonasgebiet, das ist eine Not hier in unserem Land.“ Ein weiteres Thema war der Missbrauch. (www.domradio.de v. 12. 11.)

Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige hat Christinnen und Christen zum Mut für Veränderungen aufgerufen. Gott sei „immer auch ein Gott der Zukunft. Das kann jedoch nur begreifen, wer bereit ist, sich vom Alten zu lösen", sagte er bei einem Gottesdienst. Gott brauche „Menschen, die ihren Blick nach vorn richten und für seine Überraschungen offen sind. […] Dazu genügt es nicht, Begriffe einfach nur zu wiederholen oder Riten fehlerfrei nachzuvollziehen. Notwendig ist vielmehr, den Glauben immer wieder zu übersetzen". Der Dekan der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Erfurt, Jörg Seiler, forderte von Gesellschaft und Kirche mehr Einsatz gegen „fremdenfeindliches, antisemitisches, antiislamisches, homophobes und geschlechtsidentitätsfeindliches Sprechen". Dies sei „immer ein öffentliches Gift, ein Angriff auf die Würde und - wie ich als Christ von der Ebenbildlichkeit des Menschen her meine - auch ein Angriff auf Gott". (kna u. kap v. 15. 11.)

Papst Franziskus hat in einem Brief an einen römisch-katholischen US-Journalisten seine Solidarität mit Seelsorgern ausgedrückt, die sich für homosexuelle HIV-Infizierte einsetzen. Gleichzeitig segnete er Michael O’Loughlins, den homosexuellen Redakteur des Jesuiten-Magazins „America“. Über den Hintergrund schreibt er in der „New York Times“: Er habe dem Papst ein Buch geschickt, in dem er die Arbeit und Gespräche mit Ordensfrauen, Priestern und anderen Katholiken schildert, die sich um HIV-Kranke gekümmert haben. Dabei gestand er auch seine eigenen Sorgen als römisch-katholischer Journalist, der homosexuell ist. In seinem Antwortbrief dankt ihm Franziskus: „Ich bitte den Vater, Dich zu segnen, und die Jungfrau Maria, für Dich zu sorgen“. (kap v. 16. 11.)

Nahe der südisraelischen Hafenstadt Aschdod haben Archäologen eine der frühesten bisher bekannten Basiliken des Landes freigelegt. Besonders an dem Fund aus dem vierten oder fünften Jahrhundert sind Massengräber mit Inschriften für weibliche Geistliche, wie die Tageszeitung „Haaretz" berichtet. Man fand auch exquisite Bodenmosaike. Sie zeigen Kreuze, geometrische Motive und Tierszenen sowie ein Dutzend Inschriften, die Männer und Frauen in gleichem Maße würdigen. Dazu gehören eine „Heilige Mutter Sophronia", möglicherweise die Oberin eines nahen Klosters, sowie mehrere Diakonissen, so der Archäologe Joseph Patrich von der Hebräischen Universität Jerusalem. Unbekannt ist unterdessen, wem die dreischiffige Basilika geweiht war. Die Forscher fanden in der Apsis ein Grab mit einem weiblichen Skelett. Die einfache Bestattung in der Apsis ohne Artefakte sei typisch für frühchristliche Heilige, sagte die Anthropologin Hila May aus Tel Aviv. Die späteren Massengräber des 6. Jahrhunderts verweisen möglicherweise auf eine Pestepidemie. (kna u. kap v. 17. 11.)

Das jetzt in Baltimore verabschiedete Eucharistie-Dokument der US-amerikanischen Bischofskonferenz bietet eine Katechese zur Eucharistie. Interessanterweise sind darin die vieldiskutierten Kommunionsverbote für Politiker, die für eine Wahlfreiheit bei der Frage Abtreibung eintreten, nicht enthalten. Mit großer Mehrheit, nämlich 222 Ja- zu 8 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen, wurde das Lehrdokument angenommen. Nur am Rande bezieht sich der dreißigseitige Text „Das Geheimnis der Eucharistie im Leben der Kirche“ auf Katholiken des öffentlichen Lebens, Namen werden nicht genannt. Aber das Dokument verweist auf die Schuld der Gläubigen: Niemand solle die Kommunion empfangen, wenn er von schwerer Sünde ohne vorherige Beichte und Freisprechung belastet sei, zitiert Catholic News Service aus dem Text. Der Vatikan hatte im Vorfeld durchblicken lassen, dass er mit einem ausschließenden Eucharistie-Verständnis nicht einverstanden ist. Er selbst habe noch nie jemandem die Kommunion verweigert, erinnerte Papst Franziskus die US-Bischöfe. (vn v. 18. 11.)