Die Ordensschwester Katharina Kluitmann OSF, ehemalige Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz, fordert im Buch „Wir können auch anders" ein Ende des Pflichtzölibats. Ein Auszug ihres Interviews in domradio.de: „Wir haben in fast allen Gemeinschaften Wahlen, wir haben fast überall Ämter auf Zeit. Wir haben die Verpflichtung von Leitungspersönlichkeiten Rechenschaft abzulegen. Die Leitungspersönlichkeiten sind nicht von Gottes Gnaden bei uns, sondern sie sind von der Gemeinschaft gewählt und müssen dieser Gemeinschaft auch Rechenschaft ablegen. Wir sind einfach ein bisschen anders Kirche. Nicht besser, aber anders. […] Und da sind wir, all die Autorinnen und Autoren, die Schwestern und Brüder in diesem Buch, uns auch sehr einig, dass es ein paar Dinge gibt, die katholisch sind, die in der Kirche schon da sind und die man vielleicht übernehmen könnte.“ […] Und zum Pflichtzölibat: „[Wir sind] eher dagegen. Man kann zunächst mal sagen, dass das sehr überraschend ist, weil wir doch auch ehelos leben. Ja, genau, weil wir ehelos leben und weil das für uns ein wichtiges Charisma ist. Genau deshalb wollen wir nicht, dass das in Misskredit gerät, dadurch, dass es verpflichtend ist. […] Wir tun das aus Liebe. Und wenn man es aus Liebe tut, dann ist das okay. Ehelosigkeit ist nicht schlechter als Ehe, als andere Lebensformen. Aber es muss freiwillig sein. Da sind wir uns sehr einig.“ Zum deutsche Synodalen Weg: „Das Abbremsen der Reform [durch Teile des Vatikans] mit dem Argument der Weltkirche ist für mich nicht plausibel. Ich sehe die Probleme, die in der deutschen Kirche angegangen werden, auch in Indien. Wir [Ordensleute] mussten uns schon länger der Krise stellen, und ich glaube, das hat uns gutgetan. Das hilft uns, weiter zu denken, neu zu denken. Und wir haben immer sehr viel Kontakt mit Menschen. Und das hilft uns, ein bisschen an der Zeit zu bleiben und nicht Jahrhunderte hinter der Zeit her zu hinken.“ (domradio.de v. 4. 9.)
Der Aachener Bischof Helmut Dieser hofft auf Änderungen der römisch-katholischen Sexuallehre in Bezug auf den Umgang mit Homosexualität. Homosexualität sei nicht als „Panne Gottes“ zu betrachten, sondern „Homosexualität ist gottgewollt!“ Zwar könne er als einzelner Bischof nicht offiziell Segnungen für homosexuelle Paare anbieten, solange die Kirche „etwas anderes“ sage, doch jeder sei seinem „Gewissen“ verpflichtet: „Es ist die persönliche Gewissensentscheidung des einzelnen Seelsorgers, über den Segen mit Blick auf ein ganz bestimmtes Paar zu entscheiden. […] Wenn ein Seelsorger zum Ergebnis kommt: Dieses Paar möchte ich segnen, dann ist das seine Gewissensentscheidung“. Dies werde im Bistum Aachen so gehandhabt. Er selbst werte Homosexualität mittlerweile nicht mehr als Sünde, denn diese sehe er vielmehr dort, wo Missbrauch und Betrug in einer Beziehung stattfinde. Des Weiteren zeigte er sich gegenüber „Christ & Welt“ aufgeschlossen dafür, dass die Kirche eine Neubewertung der Mittel zur Empfängnisverhütung anstellen könnte. „Wenn wir - mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil - anerkennen, dass Eltern selber in Verantwortung vor Gott entscheiden, wie viele Kinder sie bekommen, dann halte ich die Wahl der Mittel für zweitrangig“. Mit Blick auf künstliche Verhütungsmittel würde er eine „Bewegung zur Neueinschätzung“ begrüßen. (vn v. 8. 9.; Die Presse v. 9. 9. u.v.a, Medien)
Bischof Felix Genn aus dem Bistum Münster hat sich für eine Erneuerung der römisch-katholischen Sexualmoral ausgesprochen: „Es ist problematisch, wenn Sexualität vor allem als sündhaft angesehen wird. […] Wenn ich sexuellen Missbrauch verhindern möchte, dann muss ich offener und qualifizierter über Sexualität sprechen können und muss weg von einer rigiden Sexualmoral. Hier muss auch das kirchliche Lehramt zu Neubewertungen kommen, die die Erkenntnisse der modernen Sexualforschung und Wissenschaft berücksichtigen.“ Daher habe er im Bistum Münster bereits im Juni eine „Stelle für Sexuelle Bildung“ eingerichtet. Viele weitere Bischöfe erklärten, dass sie sich in ihren Bistümern für eine Erneuerung der Sexualmoral einsetzen wollten, etwa Franz-Josef Overbeck aus Essen, Heiner Koch aus Berlin und Peter Kohlgraf aus Mainz. (vn v. 10. 9.)
Die flämischen Bischöfe, unter ihnen Kardinal De Kesel, richten eine zentrale Kontaktstelle Homosexualität und Glaube ein und veröffentlichen einen Vorschlag für Segnungsfeier. Gegen die Vorgaben aus dem Vatikan wollen die katholischen Bischöfe der belgischen Region Flandern den Weg für die Segnung homosexueller Paare freimachen. Sie veröffentlichten ein entsprechendes Schreiben unter dem Titel „Für eine einladende Kirche, die niemanden ausschließt". Darin enthalten ist auch ein Vorschlag für entsprechende Gebete und eine kirchliche Segnungsfeier unter dem Titel „Gebet für Liebe und Treue". Dabei müsse aber „der Unterschied zu dem, was die Kirche unter einem Sakrament versteht, deutlich bleiben". Das Nein des Vatikan zu solchen Segensfeiern war in Belgien, Deutschland, Österreich und anderen Ländern auf viel Kritik gestoßen. Mit der Veröffentlichung neuer liturgischer Vorgaben wollen die flämischen Bischöfe den Betroffenen entgegenkommen. Ziel sei es, „die Seelsorge und Beratung für homosexuelle Menschen strukturell zu verankern". Dazu richten sie außerdem eine zentrale Kontaktstelle Homosexualität und Glaube ein. Außerdem wollen sie in jeder Diözese eine Kontaktperson benennen, die sich im Rahmen der Familienseelsorge um das Thema kümmert. Der Text sei nicht dem Vatikan zur Prüfung vorgelegt worden, berichtete die Zeitung „Nederlands Dagblad". Nach Ansicht der Bischöfe aus Flandern entspricht der Vorstoß dem Willen von Papst Franziskus, der Situation homosexueller Menschen konkrete Aufmerksamkeit zu schenken. Dies habe er 2016 in seinem Schreiben „Amoris laetitia" zu Ehe und Familie zum Ausdruck gebracht. (kna u. kap u. vn v. 20. 9.)
Das Bistum Mainz will queer-sensibel werden: Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf will einen Pfarrer und eine Pastoralreferentin öffentlich in ihr Amt als Beauftragte für queersensible Gemeindearbeit einsetzen. Bereits im April waren Pfarrer Matthias Berger und Pastoralreferentin Christine Schardt zu Beauftragten für diesen Bereich ernannt worden. Als queer bezeichnen sich nicht-heterosexuelle Menschen. Zu den Aufgabenfeldern der beiden Beauftragten gehören unter anderem die Vernetzung und Kooperation mit den queeren und queersensiblen Netzwerken und Gemeinschaften. „Unsere Arbeit sehen wir als Mitarbeit an einer diskriminierungsfreien Kirche und Gesellschaft, die alle Menschen in ihrer Gottesebenbildlichkeit anerkennt und begleitet", sagte Berger. (www.sueddeutsche.de v. 26. 9.)
Prof. Dr. Rudolf B. Hein, O.Praem (Moraltheologe an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Münster): wünscht eine Katechismus-Anpassung bei Fragen zur Sexualität: Ein Auszug des Interviews mit domradio.de: „Zunächst einmal ist man [im II. Vatikanischen Konzil] vom Würde-Gedanken ausgegangen und hat gesagt, dass der Mensch seine Würde, die ihm von Gott gegeben ist, die durch die Gottebenbildlichkeit begründet ist, niemals verlieren kann; auch nicht durch eine ganz schlimme Tat, durch einen Mord oder sonstwie. […] Das [= der aktuelle Wissensstand der römisch-katholischen Moraltheologie] ist sehr, sehr komplex. Aber man kann natürlich genau das Gleiche bei der Homosexualität sagen, dass der geschlechtliche Ausdruck des Menschen zunächst einmal nicht würderelevant sein kann, sondern die Würde des Menschen bleibt, ungeachtet seiner Geschlechtlichkeit oder seines geschlechtlichen Ausdruckes oder wie er die Geschlechtlichkeit lebt, grundsätzlich erhalten. Dazu kommt jetzt noch zweitens, dass uns die neueren Erkenntnisse der Naturwissenschaften wie auch der Biologie und der Medizin sagen, dass die Homosexualität nicht gewählt werden kann. Man kann also nicht sagen „ich möchte gerne", sondern man hat eine Disposition, die sich dann im adoleszenten Alter oder im frühen Jugendalter weiter verfestigt und weiterentwickelt. Aber den Wissensstand, dass diese Disposition durch genetische Bedingungen angelegt ist und nicht vom Menschen persönlich entschieden werden kann, hatte man früher nicht. […] Das [= eine Reform der römisch-katholischen Moral] versuchen die Texte des Synodalen Forums. Da gab es auch Vorlagen, nicht nur der allgemeine Text zur Sexualethik, der den Bischöfen vorgelegt wurde und in einigen Punkten dann abgelehnt worden ist. Es gibt noch weitere Texte, auch zur Homosexualität selber, zu einer Neubewertung der Homosexualität. […] Man eierte damals [beim Katholischen Katechismus] so herum. Da versucht man jetzt in der Bewertung klarer zu sein. Sie haben zwei Prinzipien, nämlich auf der einen Seite dieses Würde-Element beizubehalten, das sich auch schon im Katechismus findet. Man sagt ja, dass ein homosexueller Mensch seine Würde nicht verspielt hat, um Gottes willen! Aber in dem Moment, wo er seine Geschlechtlichkeit auslebt, […] dann ist es schwer sündhaft, weil – und das ist das Problem – hier gegen die Naturordnung verstoßen wird. Das ist das, was im Katechismus dahintersteht, nämlich die sogenannte Widernatürlichkeit des homosexuellen Geschlechtsaktes. Das ist das eigentliche Problem. […] Das ist eine ganz komplexe und schwierige Position, die in der heutigen Zeit schwerlich zu halten ist und selbst von Katholikinnen und Katholiken schwerlich akzeptiert wird, wie sich in verschiedenen Befragungen gezeigt hat. […Zur Weihe von Frauen] kann ich nur sagen, dass moraltheologisch gesehen zunächst einmal dieses Würde-Argument auch für die Weihe von Frauen genauso anzuwenden ist. Das bedeutet, Sie können nicht sagen, die Frau hat weniger Würde als der Mann, oder die Frau ist weniger geeignet als der Mann, ein solches Weiheamt anzunehmen. Das wurde auch schon in zig Texten betont. Moraltheologisch gibt es da keine Hindernisse, um es kurz zu machen, dogmatisch schon. Sie können dann das Argument nehmen, das dann übrigbleibt und das gerne genommen wird: die Repräsentanz Christi und natürlich die Tradition, nämlich dass Christus keine Frauen ins Priesteramt berufen hat. […] Ich halte diese beiden Argumente für nicht schlüssig, aber das ist meine persönliche moraltheologische Meinung, die aber von der Einschätzung und von dem Würde-Gedanken her völlig klar und deutlich ist.“ (domradio.de v. 27. 9.)
Die US-amerikanischen Kardinäle Blase Cupich und Timothy Dolan heißen Transgender-Personen in allen römisch-katholischen Krankenhäusern willkommen. Niemand werde diskriminiert, ausnahmslos jeder Mensch müsse die ihm zustehende beste Gesundheitsversorgung erhalten, schreiben die Erzbischöfe von Chicago und New York in einem gemeinsamen Artikel im Jesuiten-Magazin „America". Gleichzeitig lehnen sie Geschlechtsumwandlungen ab: Staatliche Bestimmungen, die Ärzte und Krankenhauspersonal dazu zwingen, bei Geschlechtsumwandlungen mitzuwirken, seien ein Verstoß gegen die Religionsfreiheit. Die Ablehnung solcher Eingriffe aus religiösen oder moralischen Gründen stellten keine Diskriminierung von Transgender-Personen dar, so Cupich und Dolan. (kna u. kap v. 28. 9.)
Der Antwerpener Bischof Johan Bonny (67) sieht eine Initiative der römisch-katholischen Bischöfe der belgischen Region Flandern für Homosexuelle in Einklang mit Papst Franziskus. Er wisse, „dass unsere Leitlinien für die Segnung homosexueller Paare, die wir kürzlich veröffentlicht haben, auf einer Linie mit Papst Franziskus sind", sagte er im Interview des Portals katholisch.de: Er verwies auf die „Eigenverantwortung", die der Papst den Bischöfen gegeben habe. Bonny selbst hat sich seit Jahren für eine Segensfeier für homosexuelle Paare eingesetzt. Er sei nach Rom gerufen geworden und habe dort seine Meinung dazu gesagt. Auch mit Papst Franziskus habe er persönlich darüber gesprochen. Die belgischen Bischöfe hatten mit ihrer Schrift „Für eine einladende Kirche, die niemanden ausschließt" international für Irritationen gesorgt. Ein Papier der vatikanischen Glaubenskongregation hatte Segensfeiern für homosexuelle Paare untersagt. Bonny äußerte sich damals „beschämt". Dem Protest schlossen sich 281 Theologieprofessoren aus dem deutschsprachigen Raum an. Mit ihrer Veröffentlichung wollen die Bischöfe den Betroffenen entgegenkommen und „die Seelsorge und Beratung für homosexuelle Menschen strukturell verankern". Sie sehen sich damit auf einer Linie mit Papst Franziskus und seinen Aussagen in der Enzyklika „Amoris laetitia“ des Jahres 2016. (kna u. kap v. 30. 9.)