Ökumene

Evangelische und römisch-katholische Theologen in Deutschland haben an Papst Franziskus appelliert, die historische Bannbulle von Papst Leo X. (1513-21) gegen den Reformator Martin Luther (1483-1546) außer Kraft zu setzen. Zugleich solle der Lutherische Weltbund (LWB) das Verdikt Luthers gegen den Papst als „Antichrist" zurücknehmen, heißt es in der zu Pfingsten veröffentlichten Erklärung des Altenberger Ökumenischen Gesprächskreises (AÖK) „Versöhnung nach 500 Jahren". Beide Verurteilungen stünden nach wie vor „wie Prellböcke" einer offiziellen gegenseitigen Anerkennung der evangelischen und römisch-katholischen Kirche im Wege, sagte der frühere Kölner Ökumene-Pfarrer Hans-Georg Link dem Evangelischen Pressedienst. Der bevorstehende 500. Jahrestag der Exkommunikation Luthers am 3. Jänner 2021 sei ein angemessener Zeitpunkt, diesen Anstoß endgültig aus dem Weg zu räumen. Die ökumenischen Bemühungen und Gespräche zwischen Katholiken und Lutheranern seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hätten dazu beigetragen, die damaligen Ereignisse in einem neuen Licht zu sehen. An die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland richtet der AÖK die Bitte um ein gemeinsames öffentliches Wort des Bedauerns über die damaligen Vorgänge und der Hoffnung auf Überwindung der gegenseitigen Verurteilungen. Dem 1999 in Altenberg bei Köln begründeten Kreis gehören nach eigenen Angaben rund 30 Theologinnen und Theologen an, unter ihnen die Tübinger Professorin für Dogmatik, Johanna Rahner, und die Direktorin des Ökumenischen Instituts an der Universität Münster, Dorothea Sattler. Eine gemeinsame Gedenkveranstaltung von Lutheranern und Katholiken soll in Rom stattfinden. Der Präsident des päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch, erklärte dazu: „Geschehenes können wir nicht auslöschen. Aber wir müssen darum besorgt sein, dass die Last der Vergangenheit nicht Zukunft verunmöglicht." (kap v. 4. 6.)

Zum 500. Jahrestag der päpstlichen Bannandrohungsbulle gegen den Reformator Martin Luther setzt sich der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe, Karl-Hinrich Manzke, für weitere Schritte der Verständigung zwischen den Kirchen ein: „Dass der Päpstliche Rat für die Einheit der Christen gemeinsam mit dem Lutherischen Weltbund am 25. Juni 2021 in Rom mit einem ökumenischen Gottesdienst des Kirchenbanns gedenken möchte, zeigt, dass dieser Weg noch lange nicht an seinem Ende angekommen ist“. Am 15. Juni 1520 veröffentlichte Papst Leo X. seine Bulle „Exsurge Domine“. Darin drohte er, Luther aus der Kirche auszuschließen, wenn dieser einige seiner seit 1517 Thesen nicht widerrufe. Im Dezember 1520 verbrannte er die Bulle mitsamt dem Gesetzbuch der römischen Kirche, worauf diese im Januar 1521 mit dem Bann reagierte. Aus heutiger Sicht ist es nach Einschätzung Manzkes erlaubt, einen neuen Blick auf die Ereignisse von 1520 zu werfen: „Längst haben katholische Theologen und Amtsträger im Handeln der Kirche der damaligen Zeit einen Fehler erkannt“. Es könne als Tragik des Reformationsgeschehens angesehen werden, „dass sich der Konflikt zwischen Luther und der Papstkirche von 1520 an auf die Frage nach der Autorität in der Kirche zuspitzte und damit letztlich auch zu einer Machtfrage wurde“. Luthers Anliegen, gemäß der Bibel und der Vernunft darüber zu streiten, was für den christlichen Glauben richtig gelten solle, sei dadurch in den Hintergrund getreten. (kna u. vn v. 13. 6.; JA v. 21. 6.)

Die Päpstliche Lateranuniversität in Rom bietet ab dem kommenden Wintersemester einen Studiengang in ökumenischer Theologie an. Mitentwickelt worden sei der Studiengang unter Leitung des Fundamentaltheologen Giuseppe Lorizio auch von Vertretern anderer christlicher Konfessionen, teilte die Universität mit. Die Ökumene-Initiative ist nach Angaben von „VaticanNews" eine Antwort auf den Besuch von Papst Franziskus an der Lateran-Universität am 31. Oktober 2019. Bei dieser Gelegenheit habe dieser die Bedeutung des Dialogs herausgestellt, der „nicht nur ein Lebensstil und eine Form des Zusammenlebens ist, sondern auch der Erziehung dient" sagte der Koordinator Lorizio. (kap v. 24. 6.)

Erstmals wird am 29. Juni (Peter und Paul) keine orthodoxe Delegation aus dem Phanar (Istanbul) bei der Festmesse im Vatikan anwesend sein. Der Brauch, jeweils hochrangige Delegationen der „anderen“ Seite zu den Patronatsfesten der Kirche von Rom (29. Juni) und der Kirche von Konstantinopel, (Andreas, 30. November), zu entsenden, ist eine Konsequenz der historischen Begegnung zwischen Papst Paul VI. und dem Ökumenischen Patriarchen Athenagoras I. im Jahr 1964. Im Vorjahr überreichte Papst Franziskus dem Erzbischof Job (Getcha), dem Leiter der orthodoxen Delegation, ein Reliquiar mit Reliquien des Apostels Petrus. Es war ein spontaner Entschluss des Papstes, um das schon erreichte Miteinander zu dokumentieren. Die italienische katholische Nachrichtenagentur SIR zitiert aus einem Brief des Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch, an den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. Koch betont – trotz der Corona-Epidemie – seine Hoffnung, dass „uns die unendliche Barmherzigkeit Gottes diese unerhörte Situation überwinden lassen wird“ und dass die Kirchen von Rom und Konstantinopel nach dem Sommer „ihre regelmäßigen Kontakte und Beziehungen wieder aufnehmen können“. Wie alle Jahre wird der Papst auch diesmal die „Pallien“ für die neu ernannten Erzbischöfe segnen. (vn v. 29. 6.)