Zur Welt-Bischofsynode „Synodaler Prozess“ und zum deutschen „Synodalen Weg“

Der in Münster lehrende Kirchenhistoriker Hubert Wolf hat die Reformbemühungen auf dem deutschen „Synodalen Weg" verteidigt. Laut Wolf entdeckt der Katholizismus seine Vielfalt wieder. „Pluralismus ist legitim und katholisch", sagte er der „Kölnischen Rundschau". „Katholikinnen und Katholiken entdecken gerade in den letzten Jahren die Tradition der Kirche in ihrer ganzen Vielfalt neu. Sie lassen sich nicht mehr von irgendwelchen Hierarchen sagen, was legitime Tradition ist und was nicht.“ Die kirchliche Tradition biete einen „wahren Schatz alternativer Modelle" zu angeblich ewigen Wahrheiten. Manche dieser vermeintlich ewigen Wahrheiten seien eine „Erfindung" des 19. Jahrhunderts. Wolf verwies auf historische Quellen, die belegten, dass Frauen in früheren Zeiten keineswegs ein „Diakonat light" innegehabt hätten, sondern das gleiche Amt wie Männer. „Und die großen Äbtissinnen des Mittelalters waren rechtlich nichts anderes als Bischöfe". Zum Umgang mit Homosexualität verwies Wolf auf die Umweltenzyklika von Papst Franziskus: Dort habe der Papst eingeräumt, die Kirche müsse auf die Antworten der Wissenschaft hören. „Analog dazu: Was Mediziner und Sozialwissenschaftler zur sexuellen Identität feststellen, muss die Kirche zur Kenntnis nehmen. Dann wird sie bei Homosexualität nicht mehr vorschnell von Sünde reden, sondern sich den Menschen zuwenden, die Gott so und nicht anders geschaffen hat." (kna u. domradio.de v. 31. 1.)

Prof. Thomas Söding, Neutestamentler an der Universität Bochum und Vizepräsident des Synodalen Weges im Interview mit domradio.de: „Selbstverständlich müssen wir auf die Aktualitäten reagieren. […] Aber da muss es weitergehen, weil wir hier das erste Mal die Möglichkeit haben, auch wirklich Flagge zu zeigen, dass wir Veränderungen in der Kirche nicht nur wollen, sondern auch können. […] Es muss sich etwas ändern und es wird sich etwas ändern. Die Bischöfe haben auch die Möglichkeit, Flagge zu zeigen. […] Wir haben sehr viele Möglichkeiten, die wir vor Ort in Deutschland nutzen können, in der Verantwortung unserer Bischöfe, aber auch in der Verantwortung der gewählten Vertretungen, deren Rechte einfach nachhaltig gestärkt werden müssen. Das müssen wir in erster Linie tun, aber wir haben auch unsere Stimme in der Weltkirche zu erheben. Deswegen haben wir dort, wo es tatsächlich um grundlegende Änderungen geht, im Kirchenrecht, aber auch zum Beispiel in der Sexualmoral, vorbereitet, dass wir klare Botschaften aus Deutschland schicken. […] Ich wünsche mir, dass wir mehr Transparenz, Kontrolle, Partizipation bei uns in der Kirche haben. Ich wünsche mir, dass wir ein ganz klares Signal setzen, dass die Bedeutung von Frauen in der Kirche nachhaltig gestärkt wird. Ich wünsche mir Änderungen in der Sexualethik. Ich glaube auch, dass wir ein neues Priesterbild benötigen. Und dann geht es eigentlich erst richtig los…“ (kna u. domradio.de v. 1. 2.)

Im September hatte Papst Franziskus für die Weltkirche einen „Synodalen Prozess" als Vorbereitung auf die im Oktober 2023 angesetzte Bischofssynode ausgerufen. Die Erzdiözese Wien befindet sich derzeit kurz vor Ende der Erhebungsphase (Ende Februar) und wird als einen der nächsten großen Schritte im September eine eintägige Diözesanversammlung veranstalten: Das hat Andrea Geiger, die Leiterin der Dienststelle für Diözesanentwicklung, bei einer Podiumsdiskussion des Katholischen AkademikerInnen-Verbandes Wien dargelegt. Bei dieser Diözesanversammlung werde es darum gehen, die eingegangenen Antworten in Thesen umzuwandeln. Weitere Eingaben kommen von Diözesangremien wie Priesterrat, Dechantenkonferenz, Vikariatsräte und Pfarrgemeinderäte. Die Bischofskonferenzen liefern dann bis August 2022 die Ergebnisse komprimiert an das Synodensekretariat in Rom, wo ein erstes Arbeitsdokument als Basis für Diskussionen auf kontinentaler Ebene erstellt wird. Ein weiterer ähnlicher Durchlauf ist auf Weltebene geplant. Katharina Renner, Vizepräsidentin der Katholische Aktion Österreichs (KAÖ) berichtete, in der Umfrage der KAÖ im Sommer 2021 haben sich die Bereiche Ökologie, Arbeit und soziale Fairness, Geschlechtergerechtigkeit und Partizipation sowie die Förderung des Friedens als zentrale Themen herausgestellt. Das würde selbstverständlich in den Synodalen Prozess eingebracht. Vor dem „Wecken von zu vielen Erwartungen" warnte der Wiener Pastoraltheologe Johann Pock: „Nicht große Veränderungen oder ein bestimmtes Dokument“ seien das Ziel, „sondern dass auf Ebene der Ortskirche in den Pfarren, Dekanaten und Diözesen Schritte hin zu einer synodaleren Kirche gesetzt werden". Die Kirche müsse „pluralitätsfähiger" zu werden. Auch die Bibel sei in einem längeren Prozess des „gemeinsamen Ringens um Fragen und gegenseitigen Ernstnehmens" entstanden. Der Link zur Synoden-Seite der Erzdiözese Wien: www.erzdioezese-wien.at/synode (erzdioezese-wien.at v. 2. 2.)

Die sogenannten „OrdensFrauen für MenschenWürde“ wenden sich mit einem offenen Brief zum Synodalen Weg und zur von Papst Franziskus eröffneten Weltsynode an die deutschen Bischöfe. Hier der Wortlaut in Auszügen: „Sehr geehrte Bischöfe in Deutschland, […] Wir OrdensFrauen für MenschenWürde sind durch die zutage getretenen Verfehlungen von Amtsträgern [=Missbrauch] entsetzt, erschreckt und empört. Die Gründe dafür sind seit langem bekannt und keineswegs nur ein deutsches, auch kein europäisches, sondern ein weltweites Problem. Hier in Deutschland sollen sie durch die Arbeit des Synodalen Wegs ausführlich besprochen und möglichst beseitigt oder zumindest eingeschränkt werden. Aus diesem Grund unterstützen wir den Synodalen Weg nachhaltig und bitten Sie, die Bischöfe und Weihbischöfe eindringlichst, […] die Reformanliegen mit deutlicher Mehrheit zu unterstützen. Solange es kirchenrechtlich keine Gewaltenteilung und keine wirksame Kontrolle von Macht gibt, ist eine Selbstbindung der Bischöfe unabdingbar. […] Sehr zu begrüßen ist, dass im ersten Schritt des weltweiten synodalen Prozesses ALLE Gläubigen in den Erneuerungsprozess mit einbezogen werden. […] Wenn das Volk Gottes aber ausschließlich in der ersten Phase gehört wird und es ansonsten keinerlei Mitsprache und Mitbeteiligung an Entscheidungsprozessen hat, dann werden Frauen, die immer Laien sind, damit von jeder weiteren Mitarbeit ausgeschlossen. Auch wenn in den kommenden Phasen der Weltsynode einige wenige Frauen mitarbeiten sollen, z. B. Myriam Wijlens und Nathalie Becquart, so reichen diese Schritte bei weitem nicht aus. […] Wie kann es sein, dass eine Institution, die sich auf Jesus beruft, bis heute die Menschenrechtskonventionen nicht anerkannt hat? […] Sr. Elisabeth Biela Weiße Schwester, Sr. Renate Drexler MSsR, Sr. Antonia Hippeli OSB, Sr. Johanna Höldrich OSF, Sr. Ulla Hoffmann OSB, Sr. Mechthild Hommel OSB, Sr. Marzella Krieg Barmherzige Schwester, Sr. Philippa Rath OSB, Sr. Katharina Rohrmann OSB, Sr. Ruth Schönenberger OSB, Sr. Susanne Schneider MC, Sr. Hildegard Schreier MC, Sr. Karolina Schweihofer MC, Sr. Veronika Sube OSB, Sr. Sara Thiel Schwestern vom Göttlichen Erlöser, Sr. Hilmtrud Wendorff CJ“. (feinschwarz.net v. 2. 2.)

Die dritte Vollversammlung des „Synodalen Wegs“ hat ihren ersten Grundtext beschlossen: 178 der 207 abgegebenen Stimmen stimmten dem Text zu, in dem es unter anderem um eine Reform kirchlicher Machtstrukturen geht. Es gab 24 Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen. Auch die notwendigen zweite 2-Drittel-Mehrheit kam zustande: Von den 57 abstimmenden Bischöfen stimmten 74,07% für den Text. Die Missbrauchsstudie habe klar gemacht, dass sich etwas ändern müsse, sagte ein Pfarrer in der Diskussion. Die Synodalversammlung zählt 230 Mitglieder: 69 Bischöfe, 69 Vertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) - die Vertretung der Laien, also der Nicht-Kleriker - und 92 VertreterInnen verschiedener römisch-katholischer Gruppen. (dpa v. 3. 2.)

In der dritten Synodalversammlung hat sich der „Synodale Weg" mit großer Mehrheit für die Zulassung von Frauen zu Weiheämtern ausgesprochen: „Nicht die Teilhabe von Frauen an allen kirchlichen Diensten und Ämtern ist begründungspflichtig, sondern der Ausschluss von Frauen vom sakramentalen Amt." Für den Ausschluss von Frauen aus der Verkündigung gebe es „keine klare Traditionslinie". Neben „vermeintlich eindeutigen Aussagen im Mainstream der Tradition zu Ungunsten von Frauen" habe es immer auch gegenläufige Entwicklungen gegeben. Ferner wird eine „grundlegende Befragung und Veränderung der herrschenden Strukturen und Machtverhältnisse" gefordert. Der Synoden-Text korrigiert ein überkommenes Geschlechterverständnis in der Kirche sowie eine Diskriminierung und Ausgrenzung von Frauen. Kritiker monierten, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu stark nivelliert würden, räumten aber ein hohes Reflexionsniveau des Textes ein. Das Papier wurde als Arbeitsgrundlage zur weiteren Bearbeitung in das zuständige „Forum" des Synodalen Wegs überwiesen. (kna u. kap v. 4. 2.)

Mit großer Mehrheit hat der „Synodale Weg" eine Lockerung der Zölibatsvorschrift für Priester beschlossen. Ein Papier, das die deutschen Kirchenspitzen auffordert, entsprechende Vorschläge beim Papst einzubringen, verabschiedete die dritte Synodalversammlung mit knapp 86% der Stimmen. Eine Zweite Lesung des Textes mit verbindlicher Abstimmung wird auf der vierten Synodalversammlung im Herbst 2022 erwartet. Der mit den Worten „Zölibat der Priester - Stärkung und Öffnung" überschriebene Text betont den Wert der Ehelosigkeit als Lebensform der Priester. Er fordert aber zugleich die Zulassung verheirateter Priester in der römisch-katholischen Kirche durch den Papst oder durch ein Konzil. In der Debatte über das Papier wurde daran erinnert, dass es auch in den byzantinischen Kirchen verheiratete Priester gibt und dass auch heute schon ehemalige protestantische Pfarrer als verheiratete Priester in der römisch-katholischen Kirche wirken dürfen. (kna u. kap v. 4. 2.; vn v. 5. 2.)

Die dritte Vollversammlung der „Synodalen Weges“ beschließt die Mitbestimmung bei Bischofswahl mit über 90%: Die Gläubigen eines jeden Bistums sollen künftig stärker an der Berufung eines neuen Bischofs beteiligt werden. „Ein Kulturwandel ist auch in der Gestaltung des kirchlichen Arbeitsrechts notwendig", sagte der Limburger Bischof Georg Bätzing, der auch Vorsitzender ist. Er verwies auf die Initiative „#OutInChurch“, in der sich 125 kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu ihrem Queersein bekannt hatten. Die dritte Synodalversammlung sprach sich unter anderem für die Segnung homosexueller Paare, für die Zulassung von verheirateten Priestern und für Frauen als Diakoninnen aus. Deutlich befürworteten sie auch eine Änderung des geltenden Arbeitsrechts, nämlich die drohende Kündigung homosexueller kirchlicher MitarbeiterInnen zu beenden, gleiches auch im Falle einer Scheidung oder des Kirchenaustritts ihres Partners. (dpa u. SZ.de v. 5. 2.)

Die dritte Synodalversammlung ruft die Bischöfe auf, in ihren Bistümern Segensfeiern offiziell zu ermöglichen für Paare, „die sich lieben und binden wollen, denen aber die sakramentale Ehe nicht zugänglich ist oder die sie nicht eingehen wollen". Seelsorgern, die eine solche Segensfeier durchführen, dürften keine disziplinarischen Konsequenzen drohen. Das Papier betont, eine Weigerung, „zwei Menschen zu segnen, die ihre Partnerschaft in Liebe, Verbindlichkeit und Verantwortung zueinander und zu Gott leben wollen", lasse sich „gnadentheologisch nicht überzeugend begründen". Zuvor hatte die Vollversammlung bereits einen Antrag beschlossen, der dem Papst empfiehlt, eine „lehramtliche Präzisierung und Neubewertung der Homosexualität" vorzunehmen. Ausgelebte gleichgeschlechtliche Sexualität sei keine Sünde und „ist nicht als in sich schlecht zu beurteilen. […] Da die homosexuelle Orientierung zur Identität des Menschen gehört, wie er von Gott geschaffen wurde, ist sie ethisch grundsätzlich nicht anders zu beurteilen als jede andere sexuelle Orientierung." (domradio.de v. 5. 2.)

Die Voten des Synodalen Wegs im Überblick: Insgesamt beriet die die dritte Synodalversammlung über 14 Papiere. Drei davon wurden in Zweiter Lesung verabschiedet. Elf Texte standen in Erster Lesung zur Debatte und sind deswegen noch nicht beschlossen, auch wenn die jeweiligen Abstimmungsergebnisse Rückschlüsse auf die grundsätzliche Akzeptanz der Anliegen erlauben. Endgültig verabschiedet wurden der Orientierungstext des Präsidiums, der Grundlagentext des Forums „Macht" und ein Handlungstext zu mehr Mitbestimmung bei der Wahl der Bischöfe. Dafür war jeweils eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Delegierten und eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Bischöfe erforderlich. Der Orientierungstext erreichte eine Zustimmung von 86,41% bei allen Delegierten und von 71,9% bei den Bischöfen. Beim Grundlagentext des Forums „Macht" lag die Zustimmung bei 88,12 beziehungsweise 74,07%. Beim Handlungstext zur Bischofsbestellung waren es 88,06 beziehungsweise 79,25%. Das Forum Macht hat noch einen weiteren Handlungstext in Erster Lesung vorgelegt, der durch die Pflicht zur Rechenschaftslegung mehr Vertrauen und Transparenz in den Gemeinden herstellen will: 83,52% der Synodalen waren dafür. Das Forum zu priesterlichem Leben stellte drei Handlungstexte zur Abstimmung: Für mehr Persönlichkeitsbildung und Professionalisierung in der Priesterausbildung: 90,9% dafür. Klarere Regeln im Umgang mit Missbrauchstätern 98,87%. Lockerungen bei der verpflichtenden Ehelosigkeit von Priestern befürworteten 85,95%. Aus dem Forum zur Rolle der Frauen kamen in Erster Lesung ein Grundlagentext (85,29%) sowie zwei Handlungstexte zur Abstimmung: für eine Zulassung von Frauen zu Weiheämtern (81,44%; Papier „Frauen im sakralen Amt") beziehungsweise 79,51% dafür (Papier „Diakonat der Frau"). Das Forum zu Sexualität brachte vier Handlungstexte in die Beratungen ein, ebenfalls alle in Erster Lesung. Hier die Zustimmungen der Synodalen: Lockerungen beim kirchlichen Dienstrecht (93,3%); für Änderungen bei der Sexualmoral (85,71%); Akzeptanz der Homosexualität (84,92%); Ermöglichung von Segensfeiern für alle Liebespaare (78,16%). (domradio.de v. 7. 2.)

Das Jesuitenkolleg Innsbruck erwartet sich durch den weltweiten „Synodalen Prozess“ bis 2023 konkrete kirchliche Erneuerungen. Das Papier dazu spricht sich für die Entwicklung neuer Ämter und Weiheformen, die Förderung von Frauen in höchsten Leitungsfunktionen sowie die Begrenzung der Amtszeit für Bischöfe aus. Zu den Unterzeichnern gehören die Jesuiten Christian Marte, Bernhard Heindl (Rektor der Jesuitenkirche), Andreas Schermann (Collegium Canisianum) und Helmut Schumacher (Leiter der „Zukunftswerkstatt“). Zu den weiteren Forderungen gehört die Entwicklung von Qualitätsstandards in der Seelsorge, die etwa die eine Befristung von priesterlichen Vollmachten für Beichte, Predigt, geistliche Begleitung und Exerzitien-Begleitung vorsieht. Im Bereich der Ausbildung brauche es darüber hinaus gezielte Schulungen für Personen in Leitungspositionen, u.a. mit einem Fokus auf der Mitarbeiter-Führung. Schließlich sollte auch der Kirchenbeitrag „neu gedacht“ und in Richtung „anderer Formen der Kirchenzugehörigkeit“ weiterentwickelt werden. Viele Dinge in deutschsprachigen Diözesen und Orden könnten die lokalen Kirchen selbst erneuern, in eigener Verantwortung und im Rahmen des Kirchenrechts, zeigte sich Marte überzeugt. (kap u. vn v. 7. 2.)

Der Vatikan hat eine positive Zwischenbilanz zur ersten Phase des „Synodalen Prozesses“ (bis 2023) gezogen. Vor allem in Ländern Afrikas, Lateinamerikas und Asiens werde dieser mit Freude und Begeisterung aufgenommen, teilte das vatikanische Synodensekretariat mit. Dort, wo ein synodaler Prozess bereits in Gang sei oder kurz vor dem Beginn stehe, seien die synodalen Dynamiken aufeinander abgestimmt worden. Bei diesem Prozess soll die römisch-katholische Kirche einen anderen Umgangsstil lernen, um sich dann Herausforderungen vor Ort zu stellen. Nach Vatikanangaben haben drei Monate nach der Eröffnung knapp 98% aller Diözesen Personen mit der Umsetzung des Synodenprozesses beauftragt. Neben aller Begeisterung zeigten sich aber auch Herausforderungen. So gebe es hier und da Misstrauen unter Laien, ob ihre Beiträge wirklich berücksichtigt würden. Kardinal Mario Grech, der Leiter des Synodensekretariats, erinnerte an die Amazonassynode 2019. Es habe die Kirche gestärkt, Stimmen von Menschen aus jener Region mit einzubeziehen. Heute könne nicht mehr von Synodalität gesprochen werden, ohne das Volk Gottes zu beteiligen. (religion.ORF.at u. KAP v. 7. 2.)

Auf der dritten Synodalversammlung des Synodalen Weges wurden die Bischöfe aufgefordert, nicht erst auf Beschlüsse zu warten, um das kirchliche Dienstrecht zu verändern. Der Würzburger Bischof Franz Jung will jetzt den Beschlüssen vorgreifen und hat dazu eine Selbstverpflichtungserklärung abgegeben: Er werde keine arbeits- oder disziplinarrechtlichen Maßnahmen ergreifen, wenn von Beschäftigten der Diözese Würzburg, des diözesanen Caritasverbandes und anderer angeschlossener Rechtsträger Tatsachen bekannt würden, welche „die persönliche Lebensführung hinsichtlich Partnerschaften, die sexuelle Orientierung oder die geschlechtliche Identität eines Einzelnen/einer Einzelnen betreffen". Weiters erklärte der Bischof: „Ich versichere ebenso, dass ich bei Klerikern hinsichtlich ihrer sexuellen Orientierung keine kirchen- beziehungsweise disziplinarrechtlichen Maßnahmen ergreifen werde." Jung greift damit das Anliegen eines Handlungstextes des Synodalforums „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft" auf, das mit über 93% in erster Lesung angenommen wurde. (katholisch.de v. 9. 2.)

Eine Gruppe von Katholikinnen und Katholiken haben eine Internet-Petition zur Unterstützung des deutschen Synodalen Weges gestartet. Die sogenannte „Frankfurter Erklärung" zielt darauf, mehr Gläubige für den Reformprozess zu gewinnen. Über die Synodalversammlung hinaus solle das Reformvorhaben „in die Gemeinden, in die pastoralen Räume, in Schulen und kirchliche Einrichtungen" gelangen, heißt es in einer Mitteilung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und der Deutschen Bischofskonferenz. Die Frankfurter Erklärung fordert die transparente Aufarbeitung von Missbrauch, Geschlechtergerechtigkeit, die Anerkennung von Diversität und breite Beteiligung an Beratungen und Entscheidungen in der Kirche. Die drei Personen der Initiative sind der Salzburger Theologieprofessor Gregor Maria Hoff, die Vorsitzende des deutschen Bundesverbands der katholischen Religionslehrer und -lehrerinnen, Gabriele Klingberg, und Johannes Norpoth vom Sprecherteam des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen der sexualisierten Gewalt. Zu den 17 Erstunterzeichnenden gehören darüber hinaus der Trierer Weihbischof Jörg Michael Peters, die Franziskaner-Oberin Katharina Ganz, der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz sowie die Vorsitzenden der Katholischen Frauengemeinschaft und des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend, Mechthild Heil und Gregor Podschun, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, sowie das gesamte Präsidium des Synodalen Weges und des ZdK. (kap u. vn v. 10. 2.)

Vor genau einer Woche hat im Bistum Basel Bischof Felix Gmür und der Bischofsrat mit der Steuerungsgruppe zum „Synodalen Prozess“ diskutiert. Ende Januar hat das Bistum die Ergebnisse des örtlichen synodalen Prozesses an die Schweizer Bischofskonferenz weiter gereicht. Unter den Anliegen taucht wiederholt eine mögliche Öffnung der Weihe für Frauen und verheiratete Männer auf. Laut Bischof Gmür im Gespräch mit Radio Vatikan ist eine größere Anzahl von Gläubigen in seinem Bistum dafür, manche hätten aber Bedenken: „Jetzt wird die Bischofskonferenz das Anliegen ihrerseits formulieren. Und das kommt nach Rom. Wie man damit umgehen wird bei der Bischofssynode 2023 oder bereits in der kontinentalen Phase, weiß ich nicht. Aber: Ich stelle fest, dass mindestens in ganz Westeuropa das Anliegen von Frauen und die Öffnung des Zölibats für Priester ein Anliegen ist. Also hat das schon ein größeres Gewicht". Da sollte sich etwas bewegen „auch über die Schweiz hinaus, über Europa hinaus im Hinblick auf den Diakonat“. (kath.ch u. vn v. 10. 2.)

Der Reformprozess „Synodaler Weg" hat die römisch-katholische Kirche in Deutschland bereits jetzt verändert - und wird dies weiter tun. Laut Einschätzung von Sr. Philippa Rath, Benediktinerin aus Rüdesheim-Eibingen (Hessen) und eine von 230 Delegierten ist „ein entscheidender Wandel im Gange". Sie verwies in einem Interview österreichischer Kirchenzeitungen auf das Miteinander von Bischöfen, Priestern und Laien, Männern und Frauen. „Es geht um Teilhabe und darum, gemeinsam unterwegs zu sein. […] Wir müssen weg von dieser hierarchischen Kirche. Das ist lange überfällig." Die bisherigen Versammlungen stünden für einen hoffnungsvollen Weg. Die Ordensfrau zeigte sich überzeugt, dass die dabei erhobenen Forderungen wie Änderungen beim Zugang zum kirchlichen Amt, bei der Sexualmoral oder bei der Gewaltenteilung in der Kirche auch „in Rom gehört werden und dass sich in den nächsten Jahren etwas verändert". Mit der dritten Versammlung des „Synodalen Weges" in Frankfurt zeigte sich Rath „sehr zufrieden". Sie wertete es als „ganz bedeutend", dass neben der Heiligen Schrift, der Tradition, dem Lehramt und der Theologie auch die Zeichen der Zeit und der Glaubenssinn der Gläubigen als Quelle der Offenbarung gesehen werden müssen. Weitere verbindliche Beschlüsse seien zum Thema „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche" gefasst worden. Hier gehe es darum, „Machtstrukturen, die unzweifelhaft vorhanden sind, aufzubrechen" und auch das Kirchenvolk an der Bestellung von Bischöfen zu beteiligen. „Erstaunt" sei sie gewesen, dass nicht nur die alte Forderung, das Frauendiakonat wieder einzuführen, mit einer großen Mehrheit der Bischöfe verabschiedet wurde, sondern auch ein weiterer Text über die Beteiligung der Frauen am gesamten Ordo (Amt) der Kirche. Auch sie befürworte die Aufhebung des Pflichtzölibats für Priester und die Ermöglichung verheirateter Kleriker. Jede Teilkirche sei wichtig und könne dann dort Themen einbringen. „Je mehr Teilkirchen sich jetzt z. B. zum Thema Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche oder zu Macht und Gewaltenteilung in der Kirche äußern, desto größer wird der Druck, dass Rom etwas verändert." (kap v. 11. 2.)

Auch in Somalia, einer der Hochburgen der Christenverfolgung, laufen Vorbereitungen für den von Papst Franziskus ausgerufenen „Synodalen Prozess“. Das bestätigte der Apostolische Administrator der Diözese Mogadischu, Bischof Giorgio Bertin (75). „Wir können uns nicht persönlich treffen", zitiert ihn die Vereinigung ostafrikanischer Bischofskonferenzen (AMECEA). Daher habe man einen „sehr kurzen und angepassten Fragebogen" an die Katholiken verteilt. Dessen Antworten würden im März vorgelegt. Ca. 1.000 Christen leben heute in Somalia, die meisten in Mogadischu. (kap v. 13. 2.)

Die Erfahrungen der Schwesterkirchen sind für ein Gelingen des „Synodalen Prozesses“ der römisch-katholischen Kirche unerlässlich. Darauf hat der Salzburger Ostkirchen- und Ökumene-Experte Dietmar Winkler hingewiesen. Er erinnerte gegenüber Kathpress an ein Schreiben von Kardinal Kurt Koch, Präsident des Päpstlichen Einheitsrates, und Kardinal Mario Grech, Generalsekretär der Bischofssynode, dass gerade die Erfahrungen und das Verständnis von Synodalität in den Schwesterkirchen eine besondere Inspiration für die römisch-katholische Kirche sein könnten. Synodalität sei ein „Wesensmerkmal“ der Kirche „und betrifft in der Kirche alle, hat Gültigkeit durch die Zeiten und wurde durch die Geschichte hindurch auch auf verschiedenen Ebenen praktiziert". Er verwies auf Regionalsynoden bis hin zu den Ökumenischen Konzilien. Für das Mittelalter gebe es viele historische Beispiele für regionale und nationale Synoden in den Regionen der Goten und Franken, in Gallien, Spanien, England und anderen Ländern, allerdings - anders als in den Kirchen östlicher Tradition - bei einer zugleich wachsenden Bedeutung der Rechte der Ortsbischöfe. Der sogenannte Konziliarismus sowie die Reformation hätten eine Kurskorrektur versucht. Dies habe schließlich leider zu einer noch stärkeren zentralistischen Entwicklung geführt, bis hin zum universalen Jurisdiktionsprimat des Papstes 1870. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) habe wieder eine Wegkorrektur Richtung Communio und Kollegialität eingeleitet. Papst Franziskus knüpfe nun wieder daran an und gehe den Weg in Richtung einer synodalen Kirche weiter. „Er macht seit seinem Amtsantritt deutlich, dass sein Pontifikat im Zeichen der Kollegialität stehen wird." (kap v. 14. 2.)

Großes Interesse und rege Beteiligung am vom Papst Franziskus ins Leben gerufenen „Synodalen Prozesses“ meldet die Diözese Innsbruck. Rund 1.900 Personen hätten sich bisher in mehr als 1.000 Stellungnahmen zu Wort gemeldet, hieß es in einer Aussendung, darunter auch sehr viele Jugendliche und junge Erwachsene. Bischof Hermann Glettler dankte für die engagierte Teilnahme und erklärte, dass der Synodale Prozess ein verbindlicher Auftrag sei, an dem die Kirche weiterarbeiten werde. Der Diözesankoordinator Simon Kopf fasst fragend zusammen: „Wie können wir Kirche im 21. Jahrhundert so gestalten, dass Gemeinschaft neu erlebbar wird, Partizipation gefördert und die Sendung der Kirche gestärkt wird?" Durch eine Schulaktion mit Unterlagen für den Religionsunterricht haben sich die 15- bis 20-Jährigen innerhalb eines Monats mit über 130 Rückmeldungen zur drittstärksten Gruppe bei den Einzelpersonen entwickelt. Die Ergebnisse der Umfrage werden am 26. Februar 2022 auf einem vorsynodalen Treffen der Diözesanleitung mit anderen Personen besprochen. „Ein ehrlicher und hörbereiter Umgang mit den Rückmeldungen und Vorschlägen ist mir und der Diözese Innsbruck sehr wichtig", so Bischofsvikar Jakob Bürgler, der organisatorisch für den Synodalen Prozess in der Diözese verantwortlich ist. Dieses zusammenfassende Dokument der Diözese Innsbruck soll im April auf der Website der Diözese Innsbruck unter www.dibk.at/synode; öffentlich gemacht werden. (kap v. 15. 2.)

Eine große Gruppe Mitarbeitender des Bischöflichen Hilfswerks Misereor (250 von 374 Mitarbeitenden) hat sich in einem Brief an die Deutsche Bischofskonferenz hinter die Reformvorhaben des „Synodalen Wegs“ gestellt. Sie fordern „tiefgreifende systemische Veränderungen" in der Kirche. Kernpunkte sind der Umgang mit Missbrauch und ein „Ende der Einmischung der institutionellen katholischen Kirche in Fragen des Privatlebens“ der Mitarbeitenden wie Sexualität und Ehestand, ferner „der Abbau des Klerikalismus und priesterlicher Privilegien, um zukünftigen klerikalen Machtmissbrauch zu verhindern, sowie die Überwindung der Diskriminierung von Frauen auf allen Ebenen“. Man sehe sich verpflichtet, „strukturelle Ungerechtigkeiten sowie Machtmissbrauch zu verurteilen“, ob in der Welt oder in der Kirche. Die Kirche müsse aus Fehlern lernen und solle ein Ort der gelebten Nächstenliebe für alle Menschen sein, so der Brief der Misereor-Angestellten. Seit der Gründung 1958 förderte Misereor mit Mitteln aus Kirchensteuer und Spenden rund 112.000 Projekte in Afrika, Asien, Südamerika und Ozeanien. (vn v. 18. 2.)

Erfreut, dass der synodale Prozess in den letzten Monaten deutlich an Fahrt aufgenommen habe, zeigt sich Michael Kapeller, Kärntner Theologe und Leiter des Instituts für kirchliche Ämter und Dienste. Er äußerte sich im Interview mit dem Kärntner „Sonntag“ zuversichtlich, dass nicht nur Papst und Kurie Entscheidungen treffen, sondern die Gesamtheit der Gläubigen einbezogen würden. Und er verwies auch auf Stimmen, wonach es bei Fragen, für die es weltkirchlich noch kein klares Votum gibt und die die Einheit nicht gefährden, kontinentale Lösungen geben könnte. Für regionale Lösungen gebe es ein Vorbild in der Kirchengeschichte: So gab es ab dem sechsten Jahrhundert die sogenannte Pentarchie. Die Patriarchate von Rom, Konstantinopel, Antiochia, Alexandria und Jerusalem waren untereinander gleichrangig. So könne es „eigenständige Entwicklungen von Regionen geben, ohne dass dies die Einheit der Kirche gefährdet“, erläuterte Kapeller. Der Papst setze mit Synodalität jedenfalls auf ein zentrales Prinzip kirchlicher Wahrheitsfindung, wonach „die Gesamtheit der Glaubenden auf der Grundlage von Schrift und Tradition und geleitet vom Heiligen Geist nicht irren kann“. Kapeller verwies auf den Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedenen. Hier habe Papst Franziskus nach einem breiten weltkirchlichen Beratungsprozess in seinem Schreiben „Amoris laetitia“ einen Weg aufgezeigt, der dies ermögliche. Hier habe es auch einen breiten Konsens gegeben. Dass sich der Papst in der Frage der Zulassung von Frauen zu Weiheämtern nicht positiv geäußert hat, bedeute nicht, dass er dies ablehne. Es zeichne sich für ihn in dieser Frage noch nicht eindeutig der Glaubenssinn aller Glaubenden ab. (kap v. 19. 2.)

In der Diözese Gurk-Klagenfurt soll Anfang 2023 ein Kirchenentwicklungsprozess starten. Das hat das Bischöfliche Konsistorium bei seiner jüngsten Sitzung beschlossen. Der erweiterte Vorstand des Gremiums soll bis Herbst 2022 einen entsprechenden Projektauftrag erarbeiten, teilte die Kärntner Diözese nach den Beratungen mit. In dem Entwicklungsprozess sollen laut Diözesanbischof Josef Marketz das Evangelium, die Bedürfnisse der Menschen und deren individuelle Fähigkeiten, die sie in die Kirche einbringen können, „zentrales Deutungsmuster christlichen Handelns" sein. Generalvikar Johann Sedlmaier nannte laut Pressedienst fünf zentrale Inhalte der Kirchenentwicklung: eine inhaltlich-pastorale Neuorientierung, die Ausrichtung kirchlichen Handelns auf die Menschen, die Stärkung von Verantwortung und Teilhabe aller Getauften am kirchlichen Handeln, die Weiterentwicklung kirchlicher Organisation und Verwaltung sowie die Sicherung des finanziellen Handlungsspielraumes. Seelsorgeamtsdirektorin Elisabeth Schneider-Brandauer sieht die Kirche vor einem grundlegenden Kulturwandel: Sie müsse „größer und weiter werden im Dienen und gleichzeitig auch Verantwortung, Leitung und Beteiligung weiterdenken". Die Gesellschaft befinde sich in einem Umbruch. (kap v. 23. 2.)

Will sie nicht zu einer „klerikalen Sekte" zusammenschrumpfen, muss die römisch-katholische Kirche mehr Demokratie wagen, statt ihre hierarchische Struktur weiterhin zu verteidigen: Das hat Wolfgang Treitler, Wiener ao-Univ.-Prof. für Fundamentaltheologie, in einem aktuellen Beitrag für das theologische Debatten-Portal „feinschwarz.net" betont Am Gelingen dieser Demokratisierung, die bis hin zur Einsetzung von Bischöfen und Priestern vor Ort reichen müsste, hänge nicht weniger als die „Zukunftsfähigkeit der Katholischen Kirche". Nur so lasse sich schließlich die von vielen nicht mehr verstandene kirchliche Binnensprache überwinden und das Schlagwort der Synodalität mit Leben füllen. Entsprechend müsse das, was Papst Franziskus mit dem aktuellen Synodalen Prozess zaghaft ins Werk gesetzt hat, deutlich forciert werden. Die strenge Hierarchie könne sich in ihrer heutigen Form auch nicht auf das Neue Testament berufen. Vielmehr verdanke sie sich einer „Militarisierung der römischen Gemeinde im Zeichen radikaler Gehorsamsunterwerfung", von der der erste Clemensbrief [um 96 n. Chr.] berichte. Dies sei hierarchisch weiter gepflegt und schließlich im 19. Jahrhundert mit dem Ersten Vatikanischen Konzil (1869/70) zu einem Höhepunkt gekommen. (www.p-udo-ja.at v. 27. 2.)