Zusammenarbeit und Dialog mit den (Welt-)Religionen: (Islam u.a.)

Die Jesuiten-Zeitschrift „La Civilta Cattolica" und die von Jesuiten geleitete Georgetown Universität haben vom 8. bis zum 9. November zur Konferenz Kultur der Begegnung: Die Zukunft des interkulturellen und interreligiösen Dialogs" in Rom geladen. Der Leiter des Päpstlichen Rats für den Interreligiösen Dialog, Kardinal Miguel Ángel Ayuso Guixot, sieht die Religionen in der Pflicht, zu Frieden und zu einer besseren Welt beizutragen. Ausgehend vom Papstschreiben „Fratelli tutti" betonte er bei einer Konferenz in Rom: Zweifellos hat der interreligiöse Dialog, der so zentral in der Enzyklika ist, eine wesentliche Funktion beim Aufbau einer Kultur der Begegnung, einer inklusiven Gesellschaft. Und er ist eine nötige Voraussetzung für den Weltfrieden. Die Sozialenzyklika von Papst Franziskus lädt Katholiken, alle Gläubigen anderer Religionen und alle Menschen guten Willens ein, gemäß einer persönlichen Haltung der Offenheit, des Mitleids und im konkreten Dienst der Nächstenliebe zu handeln. […] Die religiösen Führer müssen zeigen, dass die Religion nicht das Problem, sondern Teil der Lösung ist, um durch interreligiöse Zusammenarbeit Harmonie und Frieden in die Gesellschaft zu bringen.“ Zugleich verurteilte er den Missbrauch des Namens Gottes. (vn v. 8. 11.)

Ein Ökumenisches Dialogzentrum hat der griechisch-orthodoxe Patriarch von Alexandria und ganz Afrika, Theodoros II., im historischen Georgs-Kloster in Kairo eingeweiht. Es soll Studien zu gesamtchristlichen und interreligiösen Themen dienen. Zur Eröffnung fand sich von muslimischer Seite der höchste Würdenträger des sunnitischen Islam ein, der Großscheich der Al-Azhar-Universität, Ahmad Al-Tayyeb. Nach einem Brand wurde das Kloster 1909 unter Patriarch Photios (1900-25) in der heutigen Form wiedererrichtet. Gast bei der Eröffnung war auch der anglikanische Erzbischof der gesamtafrikanischen Kirchenprovinz, Samy Fawzy, der sich um den Dialog der Anglikaner mit den altorientalischen, vorchalzedonensischen Kopten, Syrianern, Armeniern, Äthiopiern und Syro-Indern verdient gemacht hat. In seiner Festansprache forderte Theodoros II. alle Religionen auf, sich für die Werte und den Erhalt der Familie einzusetzen. Mit diesem Anliegen hatte sich der Patriarch zuvor auch an seine arabischsprachigen Gläubigen in der Daher-Erzengelgemeinde von Kairo gewandt. (kna u. vn v. 9. 11.)

In Ägypten ist das zehnjährige Bestehen des „Hauses der Ägyptischen Familie" gefeiert worden, das der Vorbeugung und Entschärfung interreligiöser Konflikte dient. Unter den Gästen der Zeremonie waren auch der Patriarch der koptisch-orthodoxen Kirche Tawadros II. und Scheich Ahmed Al Tayyeb, Großimam der Al-Azhar-Universität. Unter dem Motto „Zehn Jahre Liebe, Zusammenarbeit und Brüderlichkeit" zelebrierten Politiker, Journalisten, Bischöfe und weitere Religionsvertreter im Konferenzzentrum der Al-Azhar-Universität das Jubiläum. Das „Haus der Ägyptischen Familie“ wurde vor zehn Jahren gegründet, als das Wiederaufleben des Sektierertums die nationale Einheit Ägyptens zu gefährden drohte. Geleitet wird es abwechselnd vom Großimam der Al-Azhar und dem koptisch-orthodoxen Patriarchen. Anlässlich des zehnten Jahrestages der Gründung lobte Anba Theodosius, koptisch-orthodoxer Bischof von Gizeh, den Weitblick, den Patriarch Tawadros und Großimam Ahmed al Tayyeb in den letzten Jahren bewiesen hätten, und bezeichnete sie als „weise Führer, die sich um die Interessen der Völker und aller ägyptischen Bürger kümmern, seien sie Muslime oder Christen". (fides u. vn v. 10. 11.)

Die Haltung christlicher Kirchen gegenüber dem jüdischen Volk muss von Dankbarkeit geprägt sein, während gegenüber Antisemitismus, Abwertung und Ausgrenzung von Minderheiten stets Achtsamkeit angesagt ist: Das hat der Linzer Bischof Manfred Scheuer in einer Erklärung zum Gedenken an die Novemberpogrome im Jahr 1938 hervorgehoben. Wie in vielen österreichischen Städten hatten sich auch in der Linzer Synagoge Vertreterinnen und Vertreter der Religionen und des öffentlichen Lebens auf Einladung der Israelitischen Kultusgemeinde zu diesem Anlass versammelt. Das jüdische Gotteslob führe die Kirchen „zur Quelle unseres eigenen Glaubens", unterstrich Scheuer. Für Christen gehöre die Erinnerung an Gottes Treue zu seinem erwählten Volk konstitutiv zum Glauben dazu. Darum sei eine „Kultur der Begegnung, der Kenntnis der Gegenwart und der Erinnerung an die Vergangenheit" nötig. Auch auf die Wiener „Gesera", der planmäßigen Vernichtung jüdischer Gemeinden im Österreich in den Jahren 1420/1421, kam Scheuer zu sprechen und hob einen „starken Oberösterreich-Bezug" hervor. „Diese Schuld der Kirche, diese Schuld von Christinnen und Christen muss uns jetzt umso sensibler machen und tatkräftiger agieren lassen, wenn es um neue Formen von Antisemitismus, wenn es um Ausgrenzung und Verachtung von Menschen und ganzen Volksgruppen geht". (kap v. 10. 11.)

Erschüttert über die Beschädigung des jüdischen Mahnmals „Mobiles Bethaus" in Innsbruck haben sich die römisch-katholische und die evangelische Kirche Tirols sowie das christlich-jüdische Lokalkomitee geäußert. Das „Mobile Bethaus" war erst ein paar Tage zuvor auf dem Platz vor dem Innsbrucker Landestheater zum Gedenken an die Opfer der Novemberpogrome von 1938 errichtet worden. Man könne „den Schrecken, den diese Tat in der jüdischen Gemeinde auslöst, gut nachvollziehen", erklärten Bischof Hermann Glettler, der evangelische Superintendent Olivier Dantine sowie Univ.-Prof. Roman Siebenrock vom christlich-jüdischen Lokalkomitee gemeinsam: Die Opfer der Schoah zu ehren und sich gegen jeglichen Antisemitismus zu wehren, seien „ein wichtiges gemeinsames Ziel von Christen und Juden in unserem Land". Das von den Künstlern Oskar Stocker und Luis Rivera konzipierte Kunstwerk nennt die Namen aller 106 in der Pogromnacht überfallenen Innsbrucker Jüdinnen und Juden. Der Innenraum lädt zum Schweigen und Beten ein. (kap u. vn v. 12. 11.)

Der diesjährige Aachener Friedenspreis wird an zwei Anti-Rassismus-Initiativen rund um die Anschläge von Hanau sowie an ein interreligiöses Friedensprojekt in Nigeria verliehen. Trotz eigener Betroffenheit und Traumata setzen sich die drei Gruppierungen für Frieden, Sensibilisierung und Aufklärung ein, begründete der Verein Aachener Friedenspreis seine Auswahl. Ausgezeichnet werden einerseits die „Initiative 19. Februar Hanau“ sowie die „Bildungsinitiative Ferhat Unvar“. Weiters ehrt der Verein die interreligiöse nigerianische Fraueninitiative „Women's Interfaith Council“ (WIC), auch „Mütter für den Frieden“ genannt. Das WIC setzt sich seit 2010 in der Krisenregion Kaduna für ein gewaltfreies Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen ein. „Weder das Christentum noch der Islam unterstützen, dass Gläubige getötet, entmenschlicht oder erniedrigt werden", erklärte die Leiterin des Gesamtprogramms, Amina Kazaure: „Wir haben gemeinsame Werte. Sie alle führen uns zum Frieden.“ In der WIC haben sich 23 christliche und muslimische Frauenverbände mit insgesamt rund 12.650 Frauen zusammengeschlossen. (kna u. vn v. 12. 11.)

Die Spitzen der vier größten Religionen Weißrusslands haben angesichts der Flüchtlingssituation in ihrem Land einen Appell an die Politiker der „wohlhabenden europäischen Staaten“ gerichtet. Die EU möge die an der Grenze zu Polen gestrandeten Migranten aufnehmen, heißt es in einer Erklärung: In der vom orthodoxen Metropoliten Veniamin, dem Minsker römisch-katholischen Erzbischof Jozef Staniewski, Mufti Abu-Bekir Shabanovich und Oberrabbiner Grigory Abramovich sowie dem belarussischen Kommissar für religiöse und ethnische Angelegenheiten, Aleksandr Rumak, unterzeichneten Appell heißt es, die Flüchtlinge seien nicht schuld an den Umständen, die sie zur Flucht gezwungen habe. Die EU und Polen werfen dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, als Reaktion auf Sanktionen Zehntausende Menschen aus Krisenländern im Nahen Osten per Flugzeug nach Minsk und dann an die Grenze zur EU gebracht zu haben, um damit die EU zu destabilisieren. (kap u. vn v. 15. 11.)

In dem von der Türkei seit 1974 besetzten Nordteil der Republik Zypern konnte eine ehemalige Kirche renoviert und neu geweiht werden. Es handelt sich um die Kirche Hagios Archangelos Michail in Yialousa auf der Halbinsel Karpasia, heute Yeni Erenköy. Das byzantinische Gotteshaus aus dem 10. Jahrhundert wurde während der Kreuzfahrerherrschaft zwischen 1191 und 1489 mit Spitzbögen gotisiert. Die Restaurierung wurde vom Entwicklungsprogramm der UNO durchgeführt. Die zyperntürkische Verwaltung hat laut KNA zugesagt, dass die ehemaligen Dorfbewohner, die südlich der Zonengrenze Zuflucht gefunden haben, die Kirche wieder frei besuchen und dort Gottesdienste feiern dürfen. (kna vn v. 16. 11.)

Christliche, muslimische und jüdische FriedensstifterInnen erhielten den „Bridge Builder Award“ für ihren Beitrag zum Wohl der Welt. Der geschäftsführende Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Priester Prof. Dr. Ioan Sauca, nahm in Oslo den Preis entgegen. In seiner Begrüßung sagte Aamir Javed Sheikh, Präsident des 14th August Commitees in Oslo, dass es nicht um einen Kampf zwischen jüdischen, christlichen und muslimischen Gläubigen gehe. „Vielmehr ist dies ein Ringen zwischen uns, die wir zusammenstehen und Brücken bauen wollen, und denjenigen, die unter uns Spaltungen und Hass herbeiführen wollen. […] Es ist ganz einfach unsere Aufgabe, eine Welt zu gestalten, in der Respekt, Dialog und Toleranz im Zentrum stehen.“ Prof. Sauca sprach über die interreligiöse Friedenskonsolidierung: „Wir sind uns bewusst, dass die größten Herausforderungen der Welt fast alle eine interreligiöse Dimension umfassen. […] Ob wir uns mit internationalen Angelegenheiten befassen oder mit der Umwelt, der globalen wirtschaftlichen Gerechtigkeit, den Rechten von Frauen und Kindern, Rassismus, den Bedürfnissen von Flüchtlingen und nicht zuletzt mit der Aufgabe der theologischen Ausbildung in unseren Kirchen: In all diesen und noch vielen weiteren Aspekten unserer Arbeit streben wir [im ÖRK] danach, die aktuellen interreligiösen Realitäten zu berücksichtigen.“ Sauca drückte auch seine große Anerkennung aus für Dr. Mohammad Bin Abdulkarim Al-Issa von der Islamischen Weltliga und für den Oberrabiner Michael Melchior der Religious Peace Initiative, die ebenfalls mit dem Bridge Builder Award ausgezeichnet wurden. (oikumene.org v. 22. 11.)

Religiöse Oberhäupter verschiedener Glaubensrichtungen Indiens haben das jüngste Treffen zwischen Papst Franziskus und Premierminister Narendra Modi als historisch gewürdigt, berichtet Ucanews. Modi, der sich anlässlich des G20-Gipfels in Rom aufhielt, hatte Franziskus am 30. Oktober getroffen und nach Indien eingeladen. Am 22. November fand im „Press Club of India" ein Seminar zum Thema interreligiöse Begegnung statt, bei dem es auch um einen möglichen Papstbesuch ging. In seiner Eröffnungsrede sagte Erzbischof Anil Joseph Couto von New Delhi: „Vor dem Hintergrund des Treffens unseres Premierministers mit Papst Franziskus ist diese Zusammenkunft von Führern verschiedener Glaubensrichtungen von großer Bedeutung für die interreligiöse Harmonie und den Frieden sowie für den Fortschritt unserer Nation." Umer Ahmed Ilyasi, Imam der „All India Imam Organization", dankte Papst Franziskus dafür, dass er den indischen Premierminister mit voller Würde und Respekt empfangen habe. Er sagte, das indische Volk möge „die Geschwisterlichkeit in unserer Nation" fördern. Goswami Sushil Ji Maharaj, nationaler Präsident des indischen Parlaments der Religionen, bezeichnete Modis Einladung an den Papst als „einen großen Schritt". Swami Krishnanand Paramhans, ein spiritueller Führer der Hindus, pflichtete ihm bei: „Unser Premierminister hat seinen Respekt für alle Religionen durch seinen Besuch beim Papst zum Ausdruck gebracht." Acharya Vivek Muni, Präsident der Internationalen Mahavir-Jain-Mission, sagte, dass die indische Kultur trotz ihrer Vielfalt die Einheit zwischen den verschiedenen Glaubensrichtungen bewahrt habe. Giani Ranjit Singh, Oberpriester der Gurdwara Bangla Sahib, rief alle dazu auf, Hass durch Liebe und Gewalt durch Frieden zu ersetzen. Swami Shantatmananda, das Oberhaupt der Ramakrishna-Mission in Delhi, rief zum Frieden auf: „Indem wir Taten der Freundlichkeit und Güte vollbringen, müssen wir zu führenden Persönlichkeiten der Welt werden." (ucanews u. vn v. 23. 11.)

Die Deutsche Muslim-Liga hat mit einer Spende von 500 Euro die Restaurierung von zerstörten Gegenständen in der Frauenbergkirche in Nordhausen unterstützt. Das Gotteshaus war Ende Oktober von einem aus Afghanistan stammenden 25 Jahre alten Muslim ausgeräumt worden. Auch wurden laut der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland (EKM) ein Kruzifix, ein Altarbild und eine Vitrine beschädigt. Der Liga-Vorsitzende Belal El Mogaddedi hatte die Ausräumung der Kirche als verwerflich verurteilt. Diese Tat sei nicht mit den Lehren des Islam kompatibel. Andreas Schwarze, Superintendent des Kirchenkreises Südharz, sagte dazu: „Für mich ist diese Geste ein bewusstes Signal für einen Brückenschlag und die Bitte, den Dialog nicht abreißen zu lassen." (sueddeutsche.de v. 25. 11.)

Die Islamische Weltliga und der Jüdische Weltkongress (JWK) verpflichteten sich in einer beispiellosen Erklärung vor dem UN-Menschenrechtsrat zum Schutz der Menschenrechte. Leon Saltiel vom JWK dazu in der Sitzungsdebatte: „Wir kommen im Geiste des Friedens, der Toleranz und der Achtung der Menschenrechte zusammen. […] Unsere beiden Organisationen haben bereits eine facettenreiche Zusammenarbeit begonnen. […] Wir bekräftigen auch, wie wichtig es ist, die Religions- und Weltanschauungsfreiheit weltweit sowie das Recht jeder und jedes Einzelnen, seine/ihre Religion ohne jegliche Einschränkungen auszuüben, als grundlegendes Menschenrecht zu schützen…“ (Christen in Not 12/2021)