Bischof Jacques Gaillot, ein aufrechter Streiter für die von Kirche und Gesellschaft Ausgegrenzten, ist tot. "Wir sind Kirche" trauert um einen Bischof, der ehrlichen Herzens und offenen Mundes das Evangelium auf der Seite der Menschen lebte und verkündete. Seine Botschaft, die er in dem Buchtitel "Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts" prägnant zusammenfasste, bleibt für die Kirche dauerhaft Aufforderung und Ermutigung.
Viele Worte und Handlungen Bischof Gaillots wiesen und weisen der Kirche prophetisch den Weg in die Zukunft. So wie viele andere große Stimmen der vergangenen Jahrzehnte - Eugen Drewermann, Hans Küng, ... - waren auch seine Worte stets von der Liebe zur Kirche getragen. Während das an der Spitze der kirchlichen Hierarchien - insbesondere in Rom - vielfach verkannt wurde und sich dort diffuse Ängste ausbreiteten, haben diese Stimmen im Kirchenvolk teilweise große Resonanz erfahren und so auch das Bemühen um eine Reform der Kirche im Sinne des Evangeliums gestärkt.
Der 13. Jänner 1995 - Tag der Absetzung von Jacques Gaillot als Bischof von Evreux durch Papst Johannes Paul II - war ein schwarzer Tag für die Freiheit und die Glaubwürdigkeit unserer Kirche. Dass Bischof Gaillot die damit verbundene Versetzung nach Partenia - einem längst untergegangenen Bischofssitz in der Wüste Algeriens - kreativ dazu nützte, sich fortan noch stärker als zuvor all jenen zu widmen, die von Kirche und Gesellschaft in die Wüste geschickt wurden, war ein Zeichen seines Mutes und seiner Aufrichtigkeit.
Die Privataudienz bei Papst Franziskus im Jahr 2015, die als Treffen zweier Männer bezeichnet wurde, welche durch ihr Engagement für die Armen verbunden seien, darf als leises Zeichen der Versöhnung verstanden werden. Umso trauriger ist es, dass der Vatikan den Schritt zu einer offiziellen Rehabilitation von Bischof Gaillot nie geschafft hat.
Umso mehr verneigt sich die Kirchenreformbewegung vor Jacques Gaillot. Mit ihm verliert die Kirche einen Bischof, der seinen Weg in bemerkenswerter Offenheit und Menschenfreundlichkeit gegangen ist und der allen Vorbild sein sollte, denen die Jesus-Botschaft wirklich am Herzen liegt.