Rückmeldung der katholischen Reformorganisationen zum Arbeitsdokument für die Kontinentalversammlung in Prag

Die katholischen Reformorganisationen Österreichs begrüßen den Synodalen Prozess und freuen sich über die rege Beteiligung der Kirchenbürger:innen (zumindest in Mittel- und Westeuropa).

Nach Durchsicht des Arbeitspapieres antworten wir auf die vorgegebenen Fragen wie folgt:

  1. Welche Einsichten stehen am intensivsten in Einklang mit den konkreten Erfahrungen und Gegebenheiten der Kirche auf Ihrem Kontinent, nachdem Sie das DKE in einer Atmosphäre des Gebets gelesen haben? Welche Erfahrungen erscheinen Ihnen neu oder erhellend?

Unsere Mitglieder melden uns, dass sie mit großer Genugtuung dieses Arbeitspapier studiert haben. Zeigt es doch, dass die Forderungen des Kirchenvolks-Begehrens von 1995 für immer mehr Menschen wichtig geworden sind (damals 505 000 Unterschriften in Österreich). Sie werden nun sogar noch heftiger vertreten. Die 5 Forderungen von damals lauten: Aufbau einer geschwisterlichen Kirche, Gleichwertigkeit aller Gläubigen; volle Gleichberechtigung für Frauen; freie Wahl zwischen zölibatärer und nicht-zölibatärer Lebensform; positive Bewertung der Sexualität; Frohbotschaft statt Drohbotschaft. Alle diese Themen sind nun im Arbeitsdokument für die Synode enthalten und wollen dringend nicht nur diskutiert, sondern einer Lösung zugeführt werden. Das ist sehr erfreulich und gibt Hoffnung auf eine Kirche, die der Botschaft Jesu nach- und den Anliegen der Menschen entgegenkommt.

  1. Welche wesentlichen Spannungen oder Divergenzen sind aus Sicht Ihres Kontinents besonders wichtig, nachdem Sie das DKE gelesen und im Gebet innegehalten haben? Welche Probleme oder Fragenstellungen sollten folglich auf den nächsten Etappen des Prozesses in Angriff genommen und berücksichtigt werden?

  • Als Brüder und Schwestern in Christus sind wir alle mit der gleichen Würde der Kinder Gottes ausgestattet. Das spiegelt sich nicht in den aktuellen Strukturen der Kirche. Der Anspruch Leos des Großen („Wer allen vorstehen soll, muss von allen gewählt werden“) hat sich leider nicht durchgesetzt. Dieser Anspruch müsste aber sogar noch erweitert werden: „Was alle einhalten sollen, muss von allen beschlossen werden:“ Es gibt aber nach wie vor keine schriftliche Kirchenverfassung, die die Kirche und alle Getauften schützt und die Gleichwertigkeit aller Getauften gewährleistet. Eine solche – bereits von Paul VI in Auftrag gegeben und von Johannes Paul II wieder abgesagt - ist aber dringend nötig; ein über Jahre unter weltweiter Beteiligung entstandener Entwurf liegt dem Synodalbüro in Rom vor.

Synodalität erweist sich nicht nur darin, dass Nicht-Klerikern zugehört wird, dass sie mitreden und beraten dürfen, sondern dass sie auch mitentscheiden.

Wir hoffen sehr, dass die Einbeziehung von Nicht-Klerikern in die Entscheidungsprozesse, wie sie bisher im Synodalen Prozess stattgefunden hat (zumindest in Mittel-und Westeuropa), auch bei den Synodalen Versammlungen in Rom fortgesetzt wird.

  • Frauen werden in den kirchlichen Strukturen durchwegs zweitrangig behandelt. Diese Sünde an der Schöpfung Gottes ist für viele Menschen ständige Quelle von Frustration und Resignation, weil sie erkennen: Alles Engagement von Frauen bleibt Zu-Arbeit, solange sie nicht Zugang zu allen Entscheidungsgremien und allen Ämtern haben. Es verwundert nicht, dass sich immer mehr Frauen von der Kirche abwenden.

  • Die Grundlage des auf allen Ebenen spürbaren Klerikalismus ist das theologische Verständnis des Priesteramtes und dessen überhöhte Sakralisierung, die jeder Basis im Neuen Testament und der Urkirche entbehrt. Die klerikale Mentalität vieler Amtsträger in der Kirche widerspricht den Überzeugungen des Evangeliums und ist ein wesentlicher Grund, dass viele Menschen unserer Kirche den Rücken kehren.

  • Die gegenwärtig rigide Sexualmoral der katholischen Lehre missachtet, dass Sexualität ein Geschenk Gottes ist. Die vielen Missbrauchsskandale in unserer Kirche quer durch alle Länder zeigen, dass Sexualität katholisch neu gedacht werden muss; Missbrauch darf nicht vertuscht werden, den Opfern muss Gerechtigkeit geschehen und Strukturen sowie Ideologien, die Missbrauch in welcher Form auch immer begünstigen, müssen lebensfreundlich und evangeliumsnahe verändert werden. In den Diskurs darüber müssen aktuelle Erkenntnisse der verschiedenen Wissenschaften ohne alle Berührungsängste eingebracht werden, um Glaube und Vernunft miteinander zu versöhnen

  1. Über welche Prioritäten, wiederkehrenden Themen und Handlungsaufforderungen kann man sich mit anderen Ortskirchen in der ganzen Welt austauschen und welche können auf der ersten Sitzung der Synodenversammlung im Oktober 2023 diskutiert werden, wenn man sich anschaut, was sich aus den beiden vorherigen Fragen ergibt?

  • Aufbau einer geschwisterlichen Kirche ohne Klerikalismus; notwendiges Instrument dazu: Kirchenverfassung

  • Frauen auf allen Entscheidungsebenen und in alle Ämter

  • Verständnis und Theologie des Priesteramtes und der -weihe neu denken und formulieren; Sakralisierung beenden

  • Sexualmoral, die der Schöpfung entspricht

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