Innerkirchliche Reformansätze: (Frauen, Zölibat, wiederverheiratet Geschiedene, Moral ..)

Sr. Pietra Luana (Etra) Modica vom Orden der Skalabrinerinnen ist die neue Generalsekretärin der Päpstlichen Universität Urbaniana. Zum ersten Mal seit der Universitätsgründung im Jahr 1627 bekleidet dieses Amt eine Frau. Sr. Etra erklärte gegenüber der Agentur Fides: „Ich bringe in meine Geschichte das Charisma im Dienst der Migranten ein, denn Bildung ist einer der Schlüssel zur deren Integration und zu neuen Chancen für Ordensleute". Die Universität wurde im siebzehnten Jahrhundert gegründet, um Missionare auszubilden. (fides u. vn v. 2. 10.)

Das Bistum Münster will erstmals die Leitung einer Pfarrei einem Team aus Haupt- und Ehrenamtlichen übertragen. Dem Seelsorgeteam der Pfarrei Sankt Willibrord im niederrheinischen Kleve steht ab 6. November die Pastoralreferentin Christel Winkels vor, wie die Diözese mitteilte. Grundlage sei eine Bestimmung des Kirchenrechts, wonach der Bischof bei Priestermangel die Pfarreileitung einer Einzelperson übertragen kann, die nicht Priester ist. Entsprechend der Regelung bestimmte Bischof Felix Genn einen „moderierenden Priester" einer anderen Pfarre mit Letztverantwortung für die Seelsorge. Bereits im Juli hatte im Bistum Münster ein Laie die Leitung einer Pfarrei übernommen. Leitungsmodelle mit Laien haben auch andere Bistümer eingeführt und dabei teilweise auch Frauen berufen. So hat das Bistum Osnabrück insgesamt acht Pfarrbeauftragte ernannt, die jeweils an der Spitze einer Pfarrei stehen, darunter vier Frauen. Auch dort unterstützt sie ein Priester als „Moderator". (kna v. 4. 10.)

Für die der Glaubenskongregation angegliederte Internationale Theologische Kommission (ITK) hat Papst Franziskus die erste Afrikanerin zum Mitglied ernannt: die Ordensfrau Josée Ngalula (61) der Kongregation der Andreasschwestern. Sie ist Dogmatik-Professorin an der Römisch-Katholischen Universität des Kongo, zudem lehrt sie am Ökumenischen Institut Al Mowafaqa in Rabat, Marokko. In Birmingham studierte sie Ökumene und Interreligiösen Dialog, in Lyon erwarb sie das Doktorat. In ihrem Heimatbistum, der Erzdiözese Kinshasa, engagierte sie sich in der Aus- und Weiterbildung von Laien. Mit ihrem Engagement für „Theologie in afrikanischen Sprachen“ und „Theologie von Frauen für Frauen“ sei sie „ein Beispiel für das Zusammenspiel von Tradition und Erneuerung“, heißt es in einer Würdigung der Theologie-Zeitschrift „Forum Weltkirche“. Die ITK wurde von Papst Paul VI. 1969 gegründet. (vn v. 4. 10.)

„Es gibt keine theologischen Gründe, Frauen vom Weihesakrament auszuschließen.“ Das hat der emeritierte Abt des Stifts Altenburg und ehemalige Vorsitzende der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs, Christian Haidinger, im Interview mit den österreichischen Kirchenzeitungen gesagt. „Als Pfarrer habe ich bald Frauen und Männer in die Leitung von Wortgottesdiensten gebeten, das war mir immer ein Anliegen. […] Ich bin ganz sicher, dass die Entwicklung weitergehen muss“. Was den weltweit startenden synodalen Prozess anbelangt, sei Haidinger „grundsätzlich hoffnungsvoll“. Jeder Prozess sei positiv, wenn „viele ins Gespräch kommen, wo der Blick geöffnet wird und wo man mutig in Bereiche schaut, die man bis jetzt noch nicht beachtet hat“. Anlass für das Interview war das Erscheinen seines neuen Buches „Und Gott lächelt“. (religion.orf.at u. kap v. 13. 10.)

In der römisch-katholischen Kirche in Mecklenburg übernimmt wegen Priestermangels nach zwei Jahren Vorbereitung erstmals ein Leitungsteam mit kirchlichen Laien und einem Priester als „Moderator“ eine Großgemeinde. Wie das zuständige Erzbistum Hamburg mitteilte, werden ab 17. Oktober eine Frau und drei Männer die Gemeinde St. Lukas in Neubrandenburg leiten. Der erst Ende 2018 neu gebildeten Großgemeinde gehören rund 3000 Gläubige von Malchin, Stavenhagen, Neubrandenburg, Burg Stargard und Penzlin an. Erzbischof Stefan Heße werde das Team feierlich für zwei Jahre auf Probe beauftragen. (dpa v. 14. 10.)

Weil Frauen keine römisch-katholischen Priesterinnen werden dürfen, bleibt ihnen bislang auch die Weihe zur Diakonin verwehrt. Das „Netzwerk Diakonat der Frau“ (NDF) möchte das ändern und fühlt sich durch den „Synodalen Weg“ bestärkt. Bereits zum dritten Mal seit 1999 hat dieser Zusammenschluss aus bundesweit über 200 Einzelpersonen und 50 Initiativen zur Förderung des sakramentalen Diakonats der Frau einen „Diakonatskreis“ organisiert, eine Fortbildung, mit der Frauen für diakonische Leitungsfunktionen und Weihe qualifiziert werden. Der Reformprozess „Synodaler Weg“ beflügelt nun auch das Netzwerk. Für frischen Wind in ihren Segeln sorgte kürzlich Bischof Georg Bätzing. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz besuchte den Diakonatskreis bei einem Wochenendseminar im Franziskanerinnen-Kloster Waldbreitbach. Er nahm sich viel Zeit für Gespräche mit den Teilnehmerinnen und brach erst nach einem gemeinsamen Abendessen zum nächsten Termin auf. Irmentraud Kobusch, die Vorsitzende des NDF erlebte einen Bischof, der offen gewesen sei für die Hoffnungen der Frauen. „Ein wirkliches Hoffnungszeichen" habe Bätzing gegeben, welches er auch in den Synodalen Weg einbringen wolle. Die Kirche müsse wieder diakonisch werden, sagte Kobusch. Und dazu gehöre auch die Diakonenweihe für Frauen. Dabei ist es längst Konsens unter Kirchenhistorikern, dass in der frühen Kirche auch Frauen dieses Amt innehatten. Der Diakonat hatte damals eine größere Bedeutung als heute: Sie leiteten Gemeinden und waren für praktisch gelebtes Christentum zuständig - letztlich für sämtliche Arbeiten, die heute in das Aufgabengebiet der Caritas fallen. Das hat sich geändert. Leider verengte sich die Diakonenweihe zur bloßen Durchgangsstation auf dem Weg zur Priesterweihe; Frauen wurden daher aus Leitungsfunktionen hinausgedrängt. „Wir nehmen zu wenig wahr, dass Gemeinde sich über Diakonie verwirklicht." Und dafür brauche es auch geweihte Frauen. Drei Jahre dauert die Ausbildung zur Diakonin: Die Bewerberinnen müssen ehrenamtliches oder hauptamtliches Engagement im diakonischen Bereich vorweisen. Und wer nicht Theologie studiert hat, muss entsprechende Kenntnisse im Fernstudium erwerben. Die Bewährung in Beruf bzw. Familie gehört ebenfalls zu den Voraussetzungen. (kna v. 15. 10)

Der frühere Theologieprofessor Hermann Häring hat die in der römisch-katholischen Kirche benutzte Sprache kritisiert. Es werde „nicht konkret geredet", daraus resultiere eine „Konfusion der Inhalte", sagte Häring in Ludwigshafen. Die Folge sei ein Verlust an Überzeugungskraft. Häring wörtlich: „Spracherneuerung geht aller Kirchenerneuerung voraus". Er empfahl, beim Gespräch mit Bischöfen häufiger zu fragen: „Was meinen Sie eigentlich konkret?" Häring sprach bei einer Veranstaltung zum 25-jährigen Bestehen der Gruppe „Wir sind Kirche". Ihren Ursprung hat sie in einer Unterschriftenaktion 1995 in Österreich, die sich Kirchenvolksbegehren nannte. Der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz bezeugte den ca. 100 TeilnehmerInnen Respekt und Dank. Ohne „Wir sind Kirche" gäbe es das Reformprojekt „Synodaler Weg“ nicht. Er rief dazu auf, trotz ausgebliebener Erfolge nicht bitter zu werden. (kna u. vn v. 16. 10.)

„Die Welt braucht die Partnerschaft, Führungskraft und Kompetenzen von Frauen und auch ihre Intuition und Hingabe.“ Das sagt der vatikanische Kardinalsstaatssekretär Pietro Parolin in einer Videobotschaft an das G-20-Frauenforum in Mailand. Es stehe außer Frage, dass „Solidarität und Zusammenarbeit von Frauen und Männern vital für die Gesellschaft sind“, so der zweite Mann im Vatikan und fordert „für jedes Mädchen und jede junge Frau in jedem Land der Welt Zugang zu guter Ausbildung“. Das G-20-Frauenforum debattiert mit 250 Gästen in Präsenz und 30.000 zugeschalteten TeilnehmerInnen über die weltweite Förderung von Frauen. (vn v. 18. 10.)

Die Göttinger Politikwissenschaftlerin Tine Stein fordert eine Umgestaltung der aktuellen Kirchenverfassung. „Ein neues Recht und ein anderes Verständnis, was Recht in der Kirche bedeutet, ist bitter nötig", schreibt sie für feinschwarz.net. Das gegenwärtige Kirchenrecht sei nicht „als Teil der göttlichen Stiftung vom Himmel gefallen", sondern von Päpsten und Bischöfen gemacht worden. Diese hätten eine Ekklesiologie zementiert, in der Macht nicht als positive Kraft und Raum der Ermöglichung zu gemeinschaftlichem Handeln verstanden, sondern heute „als strukturelle Ungleichheit erfahren [werde.…] In der sakramental begründeten kirchlichen Ämterordnung haben zwar alle Getauften Anteil am dreifachen Amt Jesu Christi und sie tragen die gleiche Würde, aber haben nicht die gleichen Rechte". Machtkonzentration ohne Kontrolle hätten die Kirche als Institution in eine tiefe Krise geführt, so die Politikprofessorin, die auch Mitglied im Synodalforum „Macht und Gewaltenteilung" des „Synodalen Wegs“ ist. Die Chance des Synodalen Wegs nicht zu ergreifen hieße, die Realität nicht wahrzunehmen. Wer Macht hat, habe nicht automatisch recht. Die Gläubigen müssen jetzt darüber nachdenken, „wie es mit dem gegenwärtigen Staatskirchenrecht weitergeht". (feinschwarz.net v. 20. 10.)

Bischof Joseph Bonnemain des Bistums Chur (Schweiz) will für Laien mehr Befugnisse: In einem Interview mit dem Online-Portal kath.ch sagte er, dass er bereits Pastoralassistentinnen und Pastoralassistenten die Befugnis gegeben habe, zu taufen. Denn die „Taufe ist das Sakrament, das von allen Menschen gespendet werden darf." In der Regel assistieren bei kirchlichen Trauungen Priester oder Diakone, doch auch hier will er mehr Möglichkeiten für Laien. Denn ein Diözesanbischof kann Laien zur Eheschliessungsassistenz delegieren, nachdem die Bischofskonferenz dem zugestimmt und der Apostolische Stuhl das auch genehmigt hat: „Ich bin dran, das einzuleiten", sagte er gegenüber kath.ch. (domradio.de vom 24. 10.)

Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker folgt dem Schritt seines Münchner Amtskollegen Kardinal Reinhard Marx und hat die „Gemeinschaft der Priester im Dienst an Integrierten Gemeinden" aufgelöst. Ehemalige Mitglieder schilderten geistliche Manipulationen in einem System psychischer und finanzieller Abhängigkeit. Es habe überzogene Gehorsamsforderungen, undurchsichtiges wirtschaftliches Handeln, kompromisslose Ausgrenzung von Kritikern sowie eine „unkontrollierte Machtausübung im Namen des Heiligen Geistes" gegeben. In Paderborn war diese „Gemeinschaft" 1982 von Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt errichtet worden. 1978 sprach der damalige Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., die kirchliche Anerkennung aus. Im Jahr 2020 distanzierte er sich von der „Integrierten Gemeinde“. Offenbar sei er über manches in ihrem Innenleben „nicht informiert oder gar getäuscht" worden. (kna u. kap v. 25. 10.)

Papst Franziskus ernennt die deutsche Jura-Professorin Charlotte Kreuter-Kirchhof (51) zur Vize-Koordinatorin des Päpstlichen Wirtschaftsrats. Sie war 2020 vom Papst in den Rat berufen worden, den der Münchner Kardinal Reinhard Marx koordiniert und deren Stellvertreterin sie jetzt ist. Der 2014 von Franziskus errichtete Wirtschaftsrat – 8 Kleriker + 7 Laien – hat die Aufgabe, das wirtschaftliche Handeln des Vatikans zu überwachen. Zusammen mit Kreuter-Kirchhof hatte der Papst im August 2020 die Vorsitzende des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken, Marija Kolak aus Berlin, zwei spanische sowie zwei britische Bank- und Finanzexpertinnen sowie einen italienischen Versicherungsexperten in das Gremium berufen. (vn u kna v. 25. 10.)

Papst Franziskus hat vor der Versuchung eines „neuen Fundamentalismus" innerhalb der Kirche gewarnt. Dessen Vertreter konzentrierten sich zu sehr auf „Rituale und Vorschriften", kritisierte er bei einer Generalaudienz im Vatikan, anstatt „den Gott der Liebe vollumfänglich an[zu]nehmen". Das Evangelium Jesu sei für alle bestimmt „und nicht für einige wenige Privilegierte". Jede „kleine Gruppe", die nur nach alten Sicherheiten und Gewissheiten suche, entferne sich vom Heiligen Geist. (kap v. 27. 10.)

Der Osnabrücker Weihbischof Johannes Wübbe begrüßt Erwägungen des Katholischen jungen Gemeinde (KjG), das Wort Gott künftig mit angehängtem Genderstern zu schreiben. Er finde es positiv, dass sich junge Christen Gedanken über eine Vorstellung von Gott machen. Dies sagte der Bischof in einem Interview des „Weser-Kuriers“. Mit der KjG werde er darüber sprechen. Immer wieder höre er die Aussage, dass sich Menschen Gott nicht als alten Mann mit weißem Bart vorstellen könnten. Wer sich intensiver mit Äußerungen aus der Bibel beschäftige, erfahre, dass die Anrede Gottes als Vater vor allem etwas über sein Wesen aussagen solle. „Das ist nicht als Festlegung des Geschlechts gedacht.“ Über den Zölibat befragt meinte er, dieser sei mit ein Grund für den Mangel an Priestern. Daher gehöre er zu denen, die kritisch nachfragen, ob unbedingt für Geistliche der Zölibat vorgeschrieben sein müsse. (kna u. vn v. 30. 10.)