Innerkirchliche Reformansätze (Frauen, Zölibat, wiederverheiratet Geschiedene, Moral …)

Die Kirche braucht Gleichstellung der Geschlechter: Im Rahmen des von Papst Franziskus ausgerufenen Synodalen Prozesses der Weltkirche hat die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö) mehr als 600 österreichische Frauen dazu befragt, was sie sich für eine zukünftige Kirche wünschen. Die große Mehrheit sagte: „Veränderung, […] eine Kirche, die die Gleichstellung der Geschlechter in ihrer eigenen Realität sichtbar macht", wie die kfbö-Vorsitzende Angelika Ritter-Grepl gegenüber Kolleginnen aus aller Welt mitteilte. Der bisherige Synodalprozess habe gezeigt, dass es im Hinblick auf die Rolle der Frau mehrere Probleme gibt, die verhindern, dass die Kirche als ein für Gott transparentes Zeichen der Liebe gesehen werde, so Ritter-Grepl. (kap v. 17. 9.)

Die Frauenfrage in der römisch-katholischen Kirche ist nach dem Mainzer Bischof Peter Kohlgraf nicht nur in Deutschland ein zentrales Thema: „Die Vorbereitungen auf die Weltsynode zeigen das: Die Frage nach der Rolle der Frau auch in Diensten und Ämtern der Kirche ist weltweit in vielen Teilen hochgekommen und wird intensiv diskutiert“, sagte er in einem Video-Grußwort zum Auftakt der internationalen Tagung „Gottes starke Töchter“ in Leipzig. Es sei „wirklich kein nebensächliches Thema, sondern gehört in das Zentrum des Glaubens“. Wenn die Kirche in dieser Frage nicht weiterkomme, verhindere das Möglichkeiten der Evangelisierung, erklärte der Vorsitzende der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz. Denn viele hätten den Eindruck hätten, in der römisch-katholischen Kirche werde zwar viel von Menschenwürde und Gleichberechtigung geredet, gelebt werde sie aber nicht. Die Kirche müsse sich der legitimen Frage stellen, ob es am Geschlecht hänge, wer Christus repräsentieren kann und darf. „Menschen empfinden die kirchliche Praxis als Ungerechtigkeit und als Hindernis für eine glaubwürdige Verkündigung und einen glaubwürdigen Einsatz für Menschenrechte“, sagte er. (kna u. vn v. 18. 9.)

„Für Geschlechtergerechtigkeit in Kirche und Gesellschaft einzutreten, ist kein Luxus westlicher Gesellschaften, kein Neo-Kolonialismus gegenüber Kulturen, denen die Gleichstellung der Frau nicht zugemutet werden dürfte", sagte die Erfurter Dogmatik-Professorin Julia Knop bei einer internationalen Tagung in Leipzig: Wie ausgeprägt der Wunsch nach mehr Teilhabe von Frauen in der römisch-katholischen Kirche weltweit ist, zeigten Vertreterinnen aus allen Kontinenten mit eindrucksvollen Statements. An der Konferenz „Gottes starke Töchter" in Leipzig nahmen rund 500 Menschen teil. Unter ihnen zahlreiche namhafte Expertinnen und Vorkämpferinnen sowie Frauen in kirchlichen Führungspositionen, etwa die französische Theologin Nathalie Becquart vom vatikanischen Synodensekretariat und die Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz, Beate Gilles. „Das ist hier ja so etwas wie eine kleine feministische Weltsynode", brachte es Ute Leimgruber, Regensburger Professorin für Pastoraltheologie, auf den Punkt: Weltweit hätten Frauen unterschiedliche Ansichten etwa zur Frage nach einem Zugang von Frauen zu Weiheämtern und ob es neue Strukturen in der Kirche brauche. Einigkeit herrschte aber in der Kritik, dass Frauen in der Kirche diskriminiert würden und dass Katholikinnen und Katholiken weltweit von ihrer Kirche mehr Geschlechtergerechtigkeit erwarten. In Lateinamerika gebe es Bischöfe, die bereits einzelne Frauen beauftragt hätten, Gemeinden zu leiten, zu taufen und zu trauen. „Und sie ernten dafür vor Ort großen Respekt. Es ist einfach die Zeit, Räume zu öffnen." Die nigerianische Professorin und Ordensfrau Caroline Mbonu betonte: Die Kultur ihres Landes kenne Priesterinnen, und es gebe Offenheit, dies auch in der Kirche zu akzeptieren. Die Theologin Virginia Saldanha vom indischen „Catholic Council of Women" hob die Bedeutung von theologischer Bildung hervor: „Priester üben nach wie vor einen dominanten Führungsstil aus und sehen Frauen als Helferinnen an, nicht aber als gleichberechtigte Jüngerinnen". (kna v. 19. 9.)

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, hält das Verbot der Priesterweihe für homosexuelle Männer für falsch. Ein Diözesansprecher bestätigte entsprechende Aussagen in der Sendung „Tag für Tag". Der Vatikan müsse von dieser Regel abrücken, so Bätzing. Homosexualität soll keine Rolle mehr spielen bei der Frage nach der Eignung für das Priesteramt. Doch eine heimliche Beziehung passe nicht zu dem Entschluss, sich zum Priester weihen zu lassen. In den 2016 veröffentlichten Richtlinien des Vatikans heißt es, vom Priesteramt ausgeschlossen seien „praktizierende Homosexuelle" sowie Männer, die „tiefsitzende homosexuelle Tendenzen haben oder eine sogenannte homosexuelle Kultur unterstützen". Der Vatikan hatte aber nach ersten Debatten betont, dass eine differenzierte Einzelfallprüfung erforderlich sei. Bätzing hatte sich im Rahmen des deutschen Reformprojekts „Synodaler Weg" immer wieder für eine generelle Neubewertung der Homosexualität eingesetzt. (kna v. 20. 9.)

Am Fuße des Kölner Domes, am Bahnhofsvorplatz, fand ein „Segnungsgottesdienst für Liebende" statt. Pfarrer Klaus Koltermann, der auch lesbische Paare segnete, dürfte das eigentlich nicht, denn die römisch-katholische Kirche verbietet es. Aber das sei ihm egal, sagt Koltermann. In seiner Gemeinde in Dormagen habe er schon drei Segnungsgottesdienste für Liebende organisiert und nie habe es danach Ärger mit der Bistumsleitung gegeben. Anders war es im Juli Pfarrer Herbert Ullmann aus Mettmann ergangen. Initiator der Veranstaltung war der römisch-katholische Priester Wolfgang F. Rothe aus dem Pfarrverband Perlach in München. Die Idee kam ihm, nachdem er von der Rüge für Ullmann gehört hatte. Zahlreiche Seelsorgerinnen und Seelsorger aus dem Erzbistum Köln beteiligten sich. Bei dem Gottesdienst sprachen sie mit den Paaren und legen ihnen dann zum Segen die Hand auf. „Wir segnen. Ich mache mir da keine Gedanken", sagt Pastoralreferent Markus Boos aus Wuppertal auf die Frage, ob er keine Ermahnung befürchte. „Wenn liebende Menschen einen Segen erbitten, warum soll ich ihren Wunsch dann nicht erfüllen?" Das Unverständnis darüber, dass die Kirche zwar Autos, Tiere oder Bauzäune aber keine homosexuellen Paarbeziehungen segnet, kann Generalvikar Monsignore Guido Assmann nachvollziehen. Pfarrer Rothe verweist auf das Vorbereitungsdokument zur Bischofssynode im Oktober, in dem gefragt wird, wie diejenigen, die von der Kirche verletzt wurden, sich wieder anerkannt und frei fühlen könnten. „Diese Frage wird hoffentlich in Rom diskutiert […] und wir zeigen heute in Köln, wie es geht!" In seiner Heimat München habe Kardinal Reinhard Marx in einem Interview gesagt, er würde solche Segnungen selbst auch vornehmen, wenn er darum gebeten würde. (domradio.de v. 20. 9.)

Die mit Rom verbundene Maronitische Kirche im Libanon will in Zukunft Frauen mehr Verantwortung in der Kirche geben und ihre Rechte stärken, wie „Pro Oriente" berichtet. Vor wenigen Tagen wurde am Sitz des maronitischen Patriarchats in Bekerke bei Beirut im Beisein des Kirchenoberhaupts Patriarch Kardinal Bechara Boutros Rai das Dokument „The Vocation and Mission of Women in the Economy of God, The Life of the Church and Society" vorgestellt. Einige zentrale Punkte darin sind: Die Beteiligung von Frauen an der Leitung und Verwaltung der Kirche sowie ihre Einbindung in Entscheidungen. Frauen sollen für theologische Studien ermuntert, ihre Präsenz an den kirchlichen Gerichten soll gestärkt werden. Zudem plädiert das Dokument für die Änderung von Vorschriften, die die Rechte der Frauen schmälern. Es sollen künftig mehr kirchliche Initiativen oder auch Workshops geben, die sich mit Frauenrechten und Frauenanliegen befassen. Es brauche auch eine gewisse Wiederentdeckung der eigenen östlichen Traditionen und Theologien zum Dienst der Frauen. Das Dokument ist auch im Zusammenhang mit dem seit 2021 laufenden Synodalen Prozess zu sehen. Die Maronitische Kirche ist mit ca. 3,3 Millionen Gläubigen die größte orientalische katholische Ostkirche. (kap v. 21. 9.)

Ein römisch-katholischer Priester ohne Zölibat? Das gibt es: Andreas Theurer hat dafür eine Ausnahmegenehmigung vom Papst bekommen. Auszug aus dem Interview mit den Podcast „Himmelklar“: Theurer war verheiratet, evangelischer Pfarrer und wurde nach seiner Konversion zum römisch-katholischen Priester geweiht: „Bischof Konrad Zdarsa [bis 2019 Bischof v. Augsburg] hat vom Papst […] diese Ausnahmegenehmigung bekommen. […Bischof Zdarda] kannte mich. Er hatte Kontakt zu meinen direkten Vorgesetzten, die auch über mich urteilen konnten. Es wurde auch tatsächlich ein kleines Verfahren durchgeführt. […] Ich selbst musste natürlich auch „Ja" sagen dazu und einen formellen Antrag stellen, zum Priester geweiht zu werden. […] Es ist schon schwierig [die ganze Energie und Zeit der Kirche und der Familie zu widmen P. W.], das gebe ich zu. […] Ich habe den Eindruck, dass mein Dienst nicht darunter leidet, dass ich verheiratet bin. Ich habe aber auch keine kleinen Kinder. Ich habe keine Familie, die mich in Anspruch nimmt, sondern ich habe eine Ehefrau, die mich sehr unterstützt. […] Ich könnte mir aber vorstellen, dass ich es schwieriger gehabt hätte, als unsere Kinder noch klein waren. […] Ich erlebe es auch immer wieder, dass Menschen mir sagen: Toll, dass wir jetzt endlich einen verheirateten Pfarrer haben oder dass es so was gibt. Oder es heißt, die Kirche bewegt sich doch. Oder: ‚Endlich mal ein Pfarrer, der was vom Leben versteht.‘ […] Ich möchte dann auch wirklich die Augen dafür öffnen, dass auch ein zölibatärer Priester Lebenserfahrung hat, und zwar andere als ich. Keiner hat alle Erfahrungen…“(domradio.de v. 27. 9.)

Queere Menschen haben ihren Platz im christlichen Menschenbild und in der Bibel, so der Mainzer Alttestamentler Thomas Hieke. Mit dem englischen Wort queer bezeichnen sich Menschen, die nicht heterosexuell sind. „Im Schöpfungsbericht finden wir […] keine Binarität, sondern eine Bipolarität. Es gibt zwei Pole: das Männliche und das Weibliche. Und jeder Mensch muss sich zwischen diesen beiden Polen finden", erklärte Hieke. „Jeder Mann erfährt in sich auch weibliche Anteile. Jede Frau erfährt in sich auch männliche Anteile. Das sind Selbstwahrnehmungen, die wir ernst nehmen müssen." Hieke warnte davor, die Bibel in diesen Aussagen zu dogmatisieren. Stattdessen werde in der Schöpfungsgeschichte etwa Vielfalt durch jeweils zwei gegensätzliche Begriffe ausgedrückt: „Es gibt das Licht und das Dunkel, den Tag und die Nacht. Aber auf Grundlage des Textes würde doch niemand in Frage stellen, dass es Abenddämmerung und Morgengrauen und Zwielicht gibt". Die Kirche dürfe humanwissenschaftliche Erkenntnisse nicht ignorieren und müsse lernen, queeren Menschen „offen gegenüber zu stehen und zu akzeptieren, wie er oder sie Teil dieser Schöpfung ist", betonte der Theologe. Es brauche in dieser Hinsicht eine ähnliche Entwicklung, wie sie bei Ausgrenzungen auf Grund von Hautfarbe oder Religion bereits im Gange sei. (domradio.de v. 27. 9.)