Zum Segens-Verbot des Vatikan für gleichgeschlechtliche Paare.

Eine Kirche in der Nachfolge Jesu lebt ihre Willkommenskultur auch gegenüber gleichgeschlechtlich Liebenden: Mit diesem Appell für einen vorurteilsfreien Umgang mit LGBTIQ-Personen zeigten sich die Teilnehmenden des Podiumsgesprächs zum Thema „Queer friendly church?“ in Innsbruck unisono. Es sollte in den Pfarren zur Normalität gehören, dass sich gleichgeschlechtlich Liebende einbringen oder ihre Kinder taufen lassen können, betonte der Prämonstratenser Christoph Pernter, Pfarrer in Völs und Mitglied der diözesanen Homosexuellenpastoral. Der Diskussionsabend wurde von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck veranstaltet. An den Aktionstagen „Kreuz und Queer*" werden u.a. Workshops zum Thema geschlechtliche Identitätsbildung angeboten. Am Podiumsgespräch nahmen neben Pater Pernter auch die Theologin Romana Thurnes und der Obmann der HOSI Tirol, Markus Möller teil. Der kirchliche Dialog müsse nach dem Konzilsgedanken von „Gaudium et spes" mit allen Menschen gepflegt werden. Eine „queer friendly church" sollte „die Türen weit aufmachen und Menschen unterstützen, dass ihr Leben und Lieben gelingt", meinte etwa die Theologin Thurnes. „Eine freundliche Kirche schaut nicht, ob jemand queer ist oder nicht", so die Hospizbegleiterin. (kathpress.at v. 1. 6.)

Gott „kommt jedem einzelnen seiner Kinder mit Liebe entgegen“, schreibt Papst Franziskus in einem handschriftlichen Brief an den Jesuiten James Martin, der sein Apostolat unter Homosexuellen der LGBT-Gemeinde in den USA ausübt. Er äußert darin Wertschätzung für die Arbeit des Mitbruders, der in den USA wegen seines Einsatzes auch manchen Anfeindungen ausgesetzt ist. „Der ‚Stil' Gottes hat drei Züge: Nähe, Mitgefühl und Zärtlichkeit“, so der Papst. „Auf diese Weise geht er auf jeden von uns zu. Wenn ich über Deine pastorale Arbeit nachdenke, sehe ich, dass Du ständig versuchst, diesen Stil Gottes nachzuahmen. Du bist ein Priester für alle Männer und Frauen, denn Gott ist der Vater aller Männer und Frauen. Ich bete für Dich, dass Du so weitermachen kannst, mit viel Nähe, Mitgefühl und Zärtlichkeit", schreibt ihm der Papst anlässlich der von Pater Martin organisierten Online-Konferenz „Outreach 2021: LGBTQ Catholic Ministry Webinar“. Pater Martin, der im Vatikan ein Amt als Konsultor des Dikasteriums für Kommunikation hat, skizziert in einem Buch namens „Building a Bridge“ (2017) mögliche Wege einer respektvollen Annäherung der Kirche an nicht-heterosexuell empfindende Menschen. Lob erhielt der Jesuit von US-Kurienkardinal Kevin Farrell, dem Präfekten des Dikasteriums für Laien, Familie und Leben. (vn v. 27. 6.)

Interview der Bibelexpertin Joanna Töyräänvuori, Universitätsdozentin für Hebräische Bibelstudien an der Theologischen Fakultät der Universität Helsinki in katholisch.de über Homosexualität im Buch Levitikus in Auszügen: [Es geht um die beiden stellen Lev 18,22 und Lev 20,13: „Du sollst nicht bei einem Mann liegen wie bei einer Frau; es ist ein Gräuel." Und: „Wenn jemand bei einem Manne schläft wie bei einer Frau, so haben sie beide getan, was ein Gräuel ist, und sollen des Todes sterben; ihre Blutschuld komme über sie."]: Es ist „entscheidend, die Stellen im Zusammenhang des bei Levitikus formulierten Heiligkeitsgesetzes und seiner Intention zu lesen: Das Volk Gottes soll reingehalten werden. Also habe ich erforscht, welchen Sinn diese Sätze im historischen Kontext hatten. Und der hat nichts mit Sex zwischen zwei Männern zu tun – weil das für die Reinheit des Volkes Gottes völlig irrelevant ist. In diesem Teil des Heiligkeitsgesetzes gibt es eine ganze Reihe von Vorschriften, wer mit wem Sex haben darf oder eben nicht: Man darf keinen Sex mit Verwandten, Nachbarn, Frauen während ihrer Periode oder Tieren haben. Aber wenn man sich das genau anguckt wird klar, dass es gar nicht um Sex geht, sondern um Nachkommen. […] Bei den Kindern soll sichergestellt werden, dass sie die Reinheit des von Gott erwählten Volkes aufrechterhalten und nicht unrein sind. Deswegen ist zum Beispiel der Sex mit Tieren verboten: Die Menschen der Zeit hatten die Befürchtung, dass dabei Mischwesen zwischen Mensch und Tier, sogenannte Chimären, entstehen würden, die unrein wären. Man wusste halt über körperliche Zusammenhänge noch nicht so viel. Deshalb auch das Verbot des Verkehrs mit Frauen während ihrer Periode. Man hatte die Befürchtung, dass das entstehende Kind das Blut trinken würde, was es unrein machen würde. [….Wegen der Reinheit der Nachkommen auch] das Verbot des Geschlechtsverkehrs mit den Nachbarn: Damit sind nicht-israelitische Gemeinschaften gemeint, die in der Nähe der Israeliten leben. Zum Beispiel die Moabiter, dieses Volk lebte in der gleichen Region – wurde von den Israeliten aber als unrein angesehen. […] Das zeigt sich übrigens auch bei Levitikus: Denn was hier als eine Anweisung für einen Mann übersetzt wird, nicht mit einer Frau und einem anderen Mann zu schlafen, enthält im Original für beide Männer zwei unterschiedliche Worte: Das eine bezeichnet (als Zielgruppe für die Regeln) einen Mann als Teil des Volkes Israel, das andere einen Mann an sich, egal woher – damit können auch Ausländer oder Sklaven gemeint sein. In der Wortwahl ist diese Unterscheidung für die Reinheit also schon grundgelegt. Eine Frau soll nicht mit einem Israeliten und einem Nicht-Israeliten schlafen. […] Der Kontext der Verse hat sich verändert und mit ihm die Interpretation. Etwa im zweiten Jahrhundert vor Christi Geburt breitete sich der Hellenismus im Nahen Osten aus, die Menschen dort waren also mit der Lebensrealität Griechenlands konfrontiert, zu der auch die sogenannte Päderastie gehörte: Ältere Männer aus der Stadt suchten sich junge, arme Männer aus dem ländlichen Raum und hielten sie aus. In der Regel mussten die Jugendlichen als Gegenleistung mit den älteren Männern Sex haben. Unter diesen Vorzeichen begannen die Menschen, die beiden Levitikus-Verse mit Blick auf Sex zwischen zwei Männern zu lesen.“ (katholisch.de v. 28. 6.)