25.09.2013, Kardinal Karl Lehmann
Die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) berichtet am 25. September 2013 über ein Interview , welches Oliver von Riegen und Jens Albes von der Deutschen Presseagentur (dpa) mit dem dem Mainzer Bischof und früheren Vorsitzendender Deutschen Bischofskonferenz führten.
Kardinal Karl Lehmann bescheinigt Papst Franziskus gelungene erste Monate seiner Amtszeit. Der neue Papst habe einen "wirklich kräftigen Start" hingelegt, sagt der Mainzer Bischof im Interview. Dennoch hat der frühere DBK-Vorsitzende Reformwünsche an den Vatikan, der etwa die jeweiligen Bischofskonferenzen stärken solle. Auch, was die Rolle der Frau in der Kirche angeht, hat Lehmann klare Vorstellungen.
Frage: Herr Kardinal, welche Bilanz der ersten Monate von Papst Franziskus ziehen Sie?
Lehmann: Franziskus hat einen wirklich kräftigen Start hingelegt. Mir liegt aber daran, trotz mancher Pannen die Zeit von Benedikt XVI. gebührend zur Geltung zu bringen. Was spirituelle Erneuerung, theologische Weitsicht und Auseinandersetzungen mit dem Ort der Kirche in der heutigen Welt betrifft, hat dieser Papst vieles gemacht, was der Kirche in der Zukunft bleiben wird. Jetzt sind wir in einer Phase, wo aus den Impulsen und charismatischen Anstößen von Franziskus Erneuerung werden muss. Davon gibt es jetzt ein bemerkenswertes Zeichen in der Wahl von Pietro Parolin als neuer Kardinalstaatssekretär . Das ist nach dem Urteil vieler die beste Wahl, die er treffen konnte.
Frage: Welche Reformen wünschen Sie sich noch?
Lehmann: Für mich ist ganz wichtig, dass da, wo Recht ist, Recht eingehalten wird. Im Vatikan gibt es nicht so selten die Argumentation, dass der Papst da und dort eine Ausnahmeregelung treffen kann. Da wünsche ich mir, dass man bei Bischofsernennungen, aber auch bei Kompetenzen, die Bischofskonferenzen haben, etwa in der Gestaltung der Liturgie, die Spielräume lässt und nicht immer wieder im Sinne eines alten Zentralismus beschneidet. Ich könnte mir denken, dass Papst Franziskus das ermöglichen wird.
Frage: Die Erwartungen an den Papst sind sehr hoch. Kann er sie erfüllen?
Lehmann: Ein großer Teil der Leute hat ein völlig unkatholisches Bild vom Papst. Sie meinen, plötzlich, wenn er kommt, wird schlagartig alles anders, zum Beispiel auch in der Ökumene, da wird alles anders im sozialen Verhalten. Der Papst muss die anderen mitnehmen, er braucht auch uns. Es gibt viele Aufgaben. Wir brauchen zum Beispiel auch die Ernennung von zwei Bischöfen in Deutschland, Passau und Erfurt. Er soll auch Leute, die vielleicht zunächst etwas Ärger machen, eine Weile ertragen. Vielleicht sind solche Leute für die Kirche wichtiger als manche Leisetreter.
Frage: Wann wird es aus Ihrer Sicht Priesterinnen geben?
Lehmann: Ich habe keine Phobie vor Frauen, ich kann mir auch durchaus Frauen am Altar vorstellen. Ich sehe viele Pastorinnen evangelischerseits und in anderen Kirchen, die einen eindrucksvollen Dienst leisten. Aber als katholischer Theologe kann ich nicht so ohne weiteres sehen, wie die Kirche dies verändern kann. Es gibt von Johannes Paul II. und von Benedikt XVI. Dokumente, die einen sehr hohen Rang an Verbindlichkeit haben und die sagen, dass Frauen nicht geweiht werden können zum Priester. Immerhin glaube ich auch, dass eine andere Entscheidung die Kirche bis an den Rand einer Spaltung bringen würde.
Frage: Welche Ämter sollten denn für Frauen jetzt schon möglich sein?
Lehmann: Ich wehre mich, dass die Frage der Priesterweihe der Frau zur Richtschnur ihres Ranges in der Kirche gemacht wird. Das ist ganz falsch. Ich hätte mir gewünscht, dass die Frage der möglichen Weihe von Frauen zu ständigen Diakoninnen im Lauf der letzten 20, 30 Jahre verbindlicher geklärt worden wäre. Das geht mir zu langsam, aber es muss natürlich auch eine solide Entscheidung geben. Sonst bin ich dafür, dass zunächst einmal alle anderen wichtigen Aufgaben für Frauen geöffnet werden, dafür besteht genügend positiver Anlass. Unsere Bischofskonferenz hat sich im Frühjahr 2013 mit dieser Frage - auch mit konkreten Vorschlägen - befasst.
Das Interview führten Oliver von Riegen und Jens Albes (dpa)