Wien, 12.09.2019 | Die katholischen Kirchenreformbewegungen Pfarrer-Initiative,
Laieninitiative, Plattform „Wir sind Kirche“ und Priester ohne Amt rufen zu mehr Engagement
für den Klimaschutz auf. Im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärten sie sich
heute mit den Anstrengungen von „Fridays for Future“, dem Klimavolksbegehren sowie den
Anliegen der anstehenden Amazonas-Synode „für eine ganzheitliche Ökologie und neue Wege
für die Kirche“ solidarisch.
„Wir wenden uns heute mit einem dringenden Appell an alle Katholikinnen und Katholiken: Nehmen wir unser Glaubensbekenntnis ernst! Wer sich zu Gott, dem Schöpfer des Himmels und der Erde bekennt, kann sich nicht im Alltag gegenüber dieser Erde wurschtig zeigen. Wir rufen deshalb alle Christinnen und Christen dazu auf, am 20. September am weltweiten Klimastreik teilzunehmen und das aufliegende Klimavolksbegehren zu unterzeichnen!“, fasst Dr. Martha HEIZER, Vorsitzende der Plattform „Wir sind Kirche“, das Anliegen der Reformbewegungen zusammen. „Wir befinden uns in einer globalen Krise, die es als solche zu benennen gilt. Wer etwas verändern will, darf nicht um Erlaubnis fragen. Es geht darum, Eigenverantwortung zu entwickeln und dem eigenen Gewissen zu folgen. Das ist das Credo unserer Reformbewegung schon lange. Wir fühlen uns daher der neuen Klimabewegung sehr verbunden“, so Heizer weiter.
Mag. Helmut SCHÜLLER, Pfarrer in Probstdorf, Obmann und Sprecher der Pfarrer-Initiative, ergänzt: „Es ist wieder einmal bezeichnend, dass die jetzige Klimabewegung aus der Gesellschaft kommt und sich die Kirche nur langsam anschließt, wenn auch immerhin unter Papst Franziskus hörbar.“ Was es jetzt brauche, sei ein persönlicher und systemischer Wandel. „Von der Amazonas-Synode im Oktober erwarten wir uns, dass sie nicht nur ein deutliches Signal für den Klimaschutz setzt sondern auch klare Wege aufzeigt, wie die katholische Kirche ihrer Schöpfungsverantwortung in der jetzt erforderlichen Kraft nachkommen will. Die entscheidende Frage lautet: Was ist der Beitrag der Kirche für die Bewahrung eines menschen- und lebensfreundlichen Klimas auf diesem Planeten?“
Die Antwort darauf werde aus den Gemeinden kommen: „Wir werden eintreten in eine Phase der Selbsthilfe in den Gemeinden, die ja auch schon begonnen hat. Es waren schon immer die KirchenbürgerInnen, die vorangegangen sind. Gemeinden sind Orte, wo sich Gleichgesinnte versammeln. Es müssen auch Orte werden, an denen wir solidarisch leben und neue ökologische Lebensstile miteinander einüben“, betont Schüller. „Deshalb müssen wir die Gemeinden fit machen durch zeitgemäße Formen des Zusammenkommens. Da steht längst die Potenz der Kirche in Frage. Die Gemeinden sind der Ort, wo Wandel geschieht und Solidarität gelebt wird. Nicht in den Römischen Dekreten. Das darf uns nicht verloren gehen!“
Mit Blick auf das zweite thematische Anliegen der Amazonas-Synode – neue Wege für die Kirche – mahnt Schüller: „Unsere Sorge um die Zukunft der Gemeinden ist altbekannt. Wird es in Zukunft noch ausreichend Leitung geben, damit wir überhaupt Eucharistie feiern können – dieses starke Zeichen von Verbundenheit und Teilen? Wenn es einen Mangel an traditionellen Priestern gibt, dann muss die Kirche sich eben neue Formen einfallen lassen, damit die Gemeinde weiterhin leben kann. Also auch aus den Gemeinden heraus Männer und Frauen beauftragen, die diese Dienste leisten können. Fritz Lobinger hat, zusammen mit Paul Zulehner, schon vor Jahren ein mögliches Modell dafür entwickelt. Einige Bischöfe aus der Amazonas-Region werden dem Papst bei der Synode genau dieses Modell vorschlagen. Das ist eine Premiere! Da wäre jetzt eines ganz wichtig: Dass die übrigen Bischöfe ihre lateinamerikanischen Kollegen nicht im Regen(-wald) stehen lassen. Sich zurückzulehnen und abzuwarten, wäre unfair und eine Schuld an der Zukunft der Kirche – und des Planeten.“
Auch Dr. Peter PAWLOWSKY, Stellvertretender Vorsitzender der Laieninitiative, Kirchenjournalist und Synodaler der ersten Stunde, setzt für die Zukunft der Kirche ganz auf die Autonomie der Gemeinden und ein „Ende der Monarchie in der Kirche“. Diesem Themenschwerpunkt widme sich auch die Kirchenvolkskonferenz 2019 am 12.Oktober im Kardinal-König-Haus in Wien.
Pawlowsky kritisiert, dass die Kirche neue Wege grundsätzlich nur sehr zögerlich gehe, wie sich deutlich am Beispiel Priesterweihe und Frauen in der Kirche zeige: „Warum halten wir überhaupt so am Zölibat fest? Das ist kein Dogma. Auch was die Frauen betrifft, müsste man nur auf das Neue Testament zurückschauen. Die Priesterweihe ist eine spätere Erfindung, während die frühen Christen einfach in den Eucharistiefeiern eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden bestimmt haben – ohne jemanden um Erlaubnis zu fragen. Alle Gemeindemitglieder dürfen die Wandlungsworte, das Hochgebet sprechen. In einzelnen Gemeinden wird das zum Glück heute schon praktiziert.“
Heizer schließt mit dem Aufruf: „Begleiten wir die Amazonas-Synode im Oktober mit einer umweltschonenden Lebensweise! Schränken wir für diese Wochen unseren Fleischkonsum ein, versuchen wir einmal kein Plastik heimzutragen, reduzieren wir unseren Energieverbrauch auf das Nötigste. – Leben wir nicht unter unserem Niveau, was ein anspruchsvolles Christsein angeht! Muten wir uns Eigenverantwortung zu, fühlen wir uns zuständig und hören wir nicht auf anzumahnen und einzufordern, was unser Gewissen uns aufträgt. – Die Erde und die Kirche retten wir nur gemeinsam.“
Die Sondersynode „Amazonien: Neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie“ findet vom 6. bis 27. Oktober im Vatikan statt. Das Bischofstreffen will Umweltschäden im Amazonasgebiet und deren soziale Folgen in den Blick nehmen. Den theologischen Rahmen bildet die Umwelt-Enzyklika „Laudato si'“ von Papst Franziskus.
Terminhinweis: Kirchenvolkskonferenz 2019 „Pfarre initiativ: Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ zum Thema „Autonome Pfarrgemeinden“ findet am 12. Oktober 2019 im Kardinal-König-Haus in 1130 Wien statt. Als Hauptredner ist Theologe und Psychologe Dr. Wunibald Müller geladen. >> Infos unter: www.laieninitiative.at
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